auto motor und sport #26
Neuheiten von BMW: Die stärksten Porsche, Neuwagenrabatte, Nürburgring-Zukunft
Neuheiten von BMW: Die stärksten Porsche, Neuwagenrabatte, Nürburgring-Zukunft
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635 CSi Das große Coupé ist etwas schwerer als der M3, <strong>und</strong><br />
der Sechszylinder hat ein viel breiteres Drehzahlband. Tourenwagen-Ass<br />
Dirk Adorf erteilt dem Piloten letzte Anweisungen<br />
in der Geschichte der Meis terschaft, feierte<br />
am Vorabend unseres Tests seinen 25. Geburtstag<br />
<strong>und</strong> bringt es auf den Punkt: „Der<br />
Fokus ist ein anderer. Früher musste der<br />
Fahrer selbst schnell kuppeln <strong>und</strong> schalten.<br />
Heute ist das alles <strong>auto</strong>matisiert. Bei uns<br />
liegt die Konzentration auf anderen Themen,<br />
auf dem Bremsen <strong>und</strong> den schnellen<br />
Kurven.“ Und die Datenaufzeichnung bei<br />
den aktuellen DTM-Renn <strong>auto</strong>s offenbart<br />
genau da erbarmungslos meine Schwächen.<br />
Dabei sind wir in einigen langsamen<br />
Ecken gar nicht so weit auseinander. In Kurve<br />
acht habe ich sogar leicht die Nase vorn.<br />
Trotzdem: In zwei Punkten liegen der DTM-<br />
Champ <strong>und</strong> ich um Meilen auseinander.<br />
Beispielsweise auf der Bremse. Du fliegst<br />
mit Tempo 240 auf eine Kehre zu, die 70<br />
km/h verträgt. Du weißt, mit gut aufgewärmten<br />
Bremsen <strong>und</strong> Reifen kann man<br />
extrem spät bremsen. Du nimmst allen Mut<br />
zusammen. Dein Hirn spielt verrückt. Befiehlt<br />
das Bremsen. Aber du nimmst dir vor:<br />
erst 150 Meter vorher.<br />
Dann springst du mit aller Kraft aufs<br />
mittlere Pedal. Der Scheitelpunkt der Kurve<br />
schießt vorbei. Aber spätes Einlenken ist<br />
fürs anschließende flinke Rausbeschleunigen<br />
gar nicht so schlecht. Du bist mit dir<br />
ganz zufrieden. Und dann offenbart der<br />
Datenaufschrieb das volle Drama.<br />
Gestern beim Seat-Fitting hat mich<br />
der Renningenieur eine Trockenbremsung<br />
durchführen lassen <strong>und</strong> den Pedaldruck<br />
gemessen. Ich erreichte 66 Bar – <strong>und</strong> erntete<br />
ein müdes Grinsen: „50 Bar brauchst<br />
du mindestens, damit der Apparat auch<br />
bremst.“ Jetzt brennt mir die Wade, <strong>und</strong> ich<br />
habe 105 Bar erreicht. Respekt.<br />
Aber der Champ schafft locker 139 Bar.<br />
Und der Renningenieur fährt mit der Ana-<br />
lyse gnadenlos fort: Meine Carbonscheiben<br />
erreichen 300 Grad Celsius, Wittmann<br />
kommt auf über 400 Grad. Und schlimmer<br />
noch: Zwischen unseren Anbremspunkten<br />
liegen Welten.<br />
Sie fahren in einer anderen Liga<br />
Es ist nicht die einzige Lektion an diesem<br />
Tag, der in Andalusien völlig untypisch mit<br />
dichtestem Nebel begann. Der Youngster<br />
holt seine Zeit nicht nur auf der Bremse,<br />
sondern auch in den schnellen Ecken. In<br />
den ersten R<strong>und</strong>en mit dem 2014er-Sieger<strong>auto</strong><br />
bremse ich Kurve neun an <strong>und</strong> schalte<br />
vom Vierten in den Dritten runter. Der M4<br />
pfeilt sich mit viel Power in Richtung der<br />
äußeren Curbs – <strong>und</strong> ich habe das Gefühl:<br />
Das war gar nicht so schlecht. An der Box<br />
Du glaubst, es geht<br />
nicht, aber das Auto<br />
kann viel mehr als du.<br />
Da muss man erst<br />
Vertrauen aufbauen<br />
Marco Wittmann<br />
TECHNISCHE DATEN<br />
BMW 635 CSi M3 E30 M3/M4 DTM<br />
Motorbauart/Zylinderzahl 6R 4R V8<br />
Hubraum cm 3 3430 2302 3999<br />
Leistung PS bei 1/min 330 bei 7000 296 bei 8000 480 bei 7000<br />
max. Drehmoment Nm bei 1/min 350 bei 5500 270 bei 7000 ca. 500<br />
Länge × Breite × Höhe mm 4755 × 1725 4355 × 1680 5010 × 1950<br />
× 1300 × 1300 × 1150<br />
Radstand mm 2630 2565 2800<br />
Leergewicht kg 1050 960 1100<br />
erklärt mir Wittmann, er bremse zwar<br />
auch, haue sich durch die superschnelle<br />
Biegung aber in Gang vier. Und mein Renningenieur<br />
verrät: „Du bremst härter an,<br />
damit verändert sich die Fahrzeughöhe <strong>und</strong><br />
der Abtrieb reißt ab. Bei Marco bleibt der<br />
Abstand zur Fahrbahn stabil, <strong>und</strong> er kann<br />
den vollen Abtrieb nutzen.“ Doch Wittmann<br />
tröstet: „Das Zutrauen in den Abtrieb<br />
muss man sich erst erarbeiten. Das musste<br />
ich in der Formel 3 auch erst lernen. Du<br />
glaubst, es geht nicht, aber das Auto kann<br />
viel mehr als du. Da muss man erst mal Vertrauen<br />
aufbauen.“<br />
Eines hat dieser Test überdeutlich gezeigt.<br />
Es liegen Welten zwischen einst <strong>und</strong><br />
heute. Der 635 <strong>und</strong> der M3 waren die geilsten<br />
Renngeräte ihrer Zeit. Die heutigen<br />
DTM-Renner fahren in einer anderen Liga.<br />
Marco Wittmann hat für seinen DTM-<br />
Sieg eine Testfahrt im Toro Rosso spendiert<br />
bekommen. Wahrscheinlich wird er<br />
nun lernen, dass es nach den DTM-Rennern<br />
noch mal eine ganz andere fahrerische Dimension<br />
gibt.<br />
Text: Bernd Ostmann<br />
Fotos: Martin Hagen, Bernhard Limberger,<br />
Dani Reinhard<br />
26/2014 163