Bbl 2001 1715 - admin.ch
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Anhang 3<br />
Anspru<strong>ch</strong> auf Hilfe und Unterstützung für Mens<strong>ch</strong>en mit<br />
Behinderungen im Zivilre<strong>ch</strong>t und im Sozialversi<strong>ch</strong>erungsre<strong>ch</strong>t;<br />
Berücksi<strong>ch</strong>tigung der Behinderung im Steuerre<strong>ch</strong>t<br />
1 Ansprü<strong>ch</strong>e und Lebenshilfen im Zivilre<strong>ch</strong>t<br />
1.1 Allgemeine Lebenshilfen im Familienre<strong>ch</strong>t<br />
Die Familie ist eine Solidar- und Wirts<strong>ch</strong>aftsgemeins<strong>ch</strong>aft. Sie spielt für das physis<strong>ch</strong>e<br />
und psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Wohlbefinden, für die Si<strong>ch</strong>erheit und die Entfaltung wie au<strong>ch</strong><br />
für die Existenzsi<strong>ch</strong>erung des einzelnen Mens<strong>ch</strong>en eine zentrale Rolle. Insbesondere<br />
sind Mens<strong>ch</strong>en mit Behinderungen auf die materielle und immaterielle Hilfe der<br />
Familie angewiesen. Die wertvollste und wi<strong>ch</strong>tigste Erfahrung für Kinder, namentli<strong>ch</strong><br />
au<strong>ch</strong> für Kinder mit Behinderungen, ist das Gefühl des Angenommen-Seins.<br />
Selbstwertgefühl und psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Stabilität können nur dur<strong>ch</strong> Bestätigung, mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />
Wärme und Zuneigung wa<strong>ch</strong>sen. Familienre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Normen des Zivilre<strong>ch</strong>tes<br />
drücken diese Werte dur<strong>ch</strong> den Gedanken der Solidarität und der Beistandspfli<strong>ch</strong>t<br />
aus, wel<strong>ch</strong>e zwis<strong>ch</strong>en den Ehegatten sowie zwis<strong>ch</strong>en Eltern und Kindern ges<strong>ch</strong>uldet<br />
ist (Art. 159 Abs. 3 und Art. 272 ZGB). Die Verwandtenunterstützungspfli<strong>ch</strong>t dehnt<br />
die materielle Form der Solidarität generationenübergreifend auf Enkel und Grosseltern<br />
aus (Art. 328 ZGB). Materielle Hilfe sowie immaterielle Hilfe in Form von<br />
Kinderbetreuung kann gerade in Familien mit einem von einer Behinderung betroffenen<br />
Elternteil oder mit einem Kind mit Entwicklungss<strong>ch</strong>wierigkeiten geboten und<br />
lebensdienli<strong>ch</strong> sein. Die Grosseltern können unter Umständen die Rolle von Pflegeeltern<br />
übernehmen (Art. 300 ZGB). Andererseits pflegen Eltern betagte und behinderte<br />
Eltern oder S<strong>ch</strong>wiegereltern.<br />
Über die effektiv geleistete familieninterne Hauspflege aus gesundheitli<strong>ch</strong>en Gründen,<br />
bei zeitweiliger oder ständiger Invalidität eines Familienmitgliedes, hat das<br />
Bundesamt für Statistik auf Grund der 1. S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Gesundheitsbefragung<br />
1992/93 folgende Fakten veröffentli<strong>ch</strong>t243: Innerhalb der Familie wird im Bedarfsfall<br />
am häufigsten der Partner oder die Partnerin beigezogen, wobei zwis<strong>ch</strong>en den<br />
Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tern ein deutli<strong>ch</strong>er Unters<strong>ch</strong>ied festzustellen ist. 41,6% der befragten<br />
Männer nannten ihre Partnerin als Person, wel<strong>ch</strong>e die benötigte Hilfe leistet, während<br />
nur halb so viele Frauen – 19,1% – ihren Partner nannten. Was die Hilfeleistung<br />
dur<strong>ch</strong> Kinder betrifft, so hat die Gesundheitsbefragung Folgendes ergeben:<br />
Anteilsmässig werden mehr Mütter als Väter von ihren Kindern betreut (14% Mütter<br />
und 6,1% Väter). Weiter sind es vor allem die Tö<strong>ch</strong>ter, die den Müttern beistehen<br />
(9%). Die stärkere Betreuung dur<strong>ch</strong> die Tö<strong>ch</strong>ter nimmt bei den Müttern ab 55 Jahren<br />
no<strong>ch</strong> zu244. 243 Roland Calmonte, Brigitte Herren, Thomas Spuhler, Christophe Koller, Bundesamt<br />
für Statistik: Gesundheit und Gesundheitsverhalten in der S<strong>ch</strong>weiz. Detailergebnisse der<br />
1. S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Gesundheitsbefragung 1992/93 S. 96.<br />
244 Roland Calmonte u.a., a.a.O., S. 96. Ni<strong>ch</strong>t zu übersehen ist zudem der Zusammenhang<br />
zwis<strong>ch</strong>en Witwens<strong>ch</strong>aft und Betreuung der Mütter dur<strong>ch</strong> ihre Tö<strong>ch</strong>ter. Ab 65 Jahren<br />
leben die Frauen weitaus häufiger allein als die Männer, 47 % der Frauen im Verglei<strong>ch</strong><br />
zu 19,6 % der Männer (S. 95).