Bbl 2001 1715 - admin.ch
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Bei der Frage, ob Mens<strong>ch</strong>en mit Behinderungen besondere subjektive Re<strong>ch</strong>te einzuräumen<br />
seien, waren die Meinungen geteilt. Etli<strong>ch</strong>e Vernehmlasser befürworteten<br />
subjektive Re<strong>ch</strong>te grundsätzli<strong>ch</strong>, andere nur auf Gesetzesstufe. Andere wiederum<br />
spra<strong>ch</strong>en si<strong>ch</strong> für ein subjektives Re<strong>ch</strong>t auf Zugang zu Bauten und Anlagen aus.<br />
Au<strong>ch</strong> in der Frage, ob subjektive Re<strong>ch</strong>te erst na<strong>ch</strong> einer Übergangsfrist eingeführt<br />
werden sollten, waren die Meinungen geteilt. Eine weitere Gruppe von Vernehmlassern<br />
lehnte eine Drittwirkung subjektiver Re<strong>ch</strong>te gegenüber Privaten ab.<br />
Zahlrei<strong>ch</strong>e Vernehmlasser wiesen darauf hin, dass die Kostenfolgen im damaligen<br />
Zeitpunkt no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t abs<strong>ch</strong>ätzbar waren. Einige Vernehmlasser gingen von verhältnismässig<br />
bes<strong>ch</strong>eidenen Mehrkosten (2–5% der Gesamtkosten) für Neubauten aus.<br />
Je na<strong>ch</strong> Ausbaustandard wurden die Kosten für den öffentli<strong>ch</strong>en Verkehr auf<br />
75 Millionen bis gegen 4 Milliarden Franken ges<strong>ch</strong>ätzt. Na<strong>ch</strong> Ansi<strong>ch</strong>t einiger Vernehmlasser<br />
würden die Mehrkosten einer stärkeren s<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>en Integration dur<strong>ch</strong><br />
Einsparungen bei den Sonders<strong>ch</strong>ulen kompensiert. Viele Vernehmlasser gingen davon<br />
aus, dass eine stärkere Integration der Behinderten zu volkswirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Einsparungen oder mindestens zu keinen Mehrkosten führt.<br />
3 Analyse und Würdigung der Volksinitiative<br />
3.1 Re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Analyse<br />
3.1.1 Auslegung des Initiativtextes<br />
3.1.1.1 Allgemeines<br />
Die Initiative s<strong>ch</strong>lägt die Einführung eines neuen Artikels 4bis 107 in der Bundesverfassung<br />
vor, wel<strong>ch</strong>er in drei Absätzen ein Grundre<strong>ch</strong>t auf Glei<strong>ch</strong>stellung formuliert,<br />
das vorbehältli<strong>ch</strong> von Absatz 1 besonders auf die behinderten Personen geri<strong>ch</strong>tet ist.<br />
Dieser Artikel 4bis stipuliert somit, gemessen am allgemeinen Glei<strong>ch</strong>stellungsgrundsatz<br />
von Artikel 4 aBV, eine Spezialgarantie zu Gunsten der Behinderten.<br />
Dur<strong>ch</strong> seine Platzierung (ans<strong>ch</strong>liessend an den Art. 4 aBV), seinen Geltungsberei<strong>ch</strong><br />
(S<strong>ch</strong>utz der Person, Wirkungen, die direkt auf der Verfassung gründen), seinen<br />
Wortlaut (Diskriminierung, Glei<strong>ch</strong>stellung, Gewährleistung) sowie dur<strong>ch</strong> den Initiativtitel<br />
selbst («Glei<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te für Behinderte») postuliert der Artikel die Einführung<br />
eines Grundre<strong>ch</strong>ts. Dieses Re<strong>ch</strong>t ist dazu bestimmt, diejenigen Wirkungen auf<br />
den politis<strong>ch</strong>en Prozess zu entfalten, wel<strong>ch</strong>e die Verfassung den Grundre<strong>ch</strong>ten im<br />
Allgemeinen zuerkennt: Es soll in der ganzen Re<strong>ch</strong>tsordnung zur Geltung kommen<br />
(Art. 35 Abs. 1 BV); es ist allen Behörden der vers<strong>ch</strong>iedenen Gemeinwesen (Bund,<br />
Kantonen, Gemeinden) sowie den privaten Personen, die staatli<strong>ch</strong>e Aufgaben erfüllen,<br />
aufgegeben (Art. 35 Abs. 2 BV); und es ist, so weit es si<strong>ch</strong> dazu eignet,<br />
s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> auf die Beziehungen unter Privaten wirksam (Art. 35 Abs. 3 BV).<br />
107 Die Frage der formellen Integration der neuen Bestimmung in die neue Bundesverfassung,<br />
eins<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> das Problem von Platzierung und Nummerierung, wird in Ziff. 3.2<br />
betreffend die Auswirkungen der neuen Verfassung auf die Initiative behandelt.<br />
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