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Bbl 2001 1715 - admin.ch

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gung unters<strong>ch</strong>eidet, und zwar aus folgenden Gründen: Erstens fliesst die von der Initiative<br />

vorges<strong>ch</strong>lagene Garantie der «Glei<strong>ch</strong>bere<strong>ch</strong>tigung» s<strong>ch</strong>on aus dem allgemeinen<br />

Glei<strong>ch</strong>stellungsgrundsatz von Artikel 4 aBV und dem in Artikel 4 bis Absatz 1<br />

verankerten, von der Initiative postulierten Diskriminierungsverbot; mit Artikel 4 bis<br />

Absatz 2 erster Satz muss somit logis<strong>ch</strong>erweise etwas anderes als die Glei<strong>ch</strong>bere<strong>ch</strong>tigung<br />

gemeint sein, ansonsten die Bestimmung s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> dreifa<strong>ch</strong> wiederholt<br />

würde; s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> implizieren die gewählten Begriffe, wona<strong>ch</strong> das Gesetz Massnahmen<br />

zur Beseitigung und zum Ausglei<strong>ch</strong> bestehender Bena<strong>ch</strong>teiligungen vorsieht<br />

(«Elle prévoit des mesures en vue de l élimination et de la correction des inégalités<br />

existantes» / «Prevede provvedimenti per eliminare e compensare svantaggi nei loro<br />

confronti»), eine von der blossen re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Glei<strong>ch</strong>stellung unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />

Glei<strong>ch</strong>stellung, verlangen do<strong>ch</strong> Beseitigung und Ausglei<strong>ch</strong>116 von re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> diskriminierenden<br />

Bestimmungen keine «Massnahmen», sondern ganz einfa<strong>ch</strong> die Ersetzung<br />

dieser fehlerhaften Bestimmungen dur<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>e, die mit dem Grundsatz der<br />

re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Glei<strong>ch</strong>stellung vereinbar sind; ferner sind die Absi<strong>ch</strong>ten der Urheber der<br />

Initiative klar: Sie zielen au<strong>ch</strong> auf die Garantie einer tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Glei<strong>ch</strong>stellung117. Was die anvisierten Berei<strong>ch</strong>e anbelangt, ist der Initiativtext offen. Er konzentriert<br />

si<strong>ch</strong> auf keinen bestimmten Berei<strong>ch</strong> gesetzgeberis<strong>ch</strong>er Tätigkeit, s<strong>ch</strong>liesst aber au<strong>ch</strong><br />

keinen aus; ebenso wenig legt er bestimmte Prioritäten fest. Mit anderen Worten:<br />

Die Gesetzgeber sind dazu aufgerufen, in allen Re<strong>ch</strong>tsberei<strong>ch</strong>en zu legiferieren, einges<strong>ch</strong>lossen<br />

diejenigen, wel<strong>ch</strong>e die Beziehungen zwis<strong>ch</strong>en den Privaten normieren<br />

(indirekte Drittwirkung der Grundre<strong>ch</strong>te). Angesi<strong>ch</strong>ts des offenen Charakters dieses<br />

Auftrags verfügen die Gesetzgeber jedo<strong>ch</strong> über ein grosses Ermessen, was Rangordnung<br />

und Rhythmus in der Umsetzung der Verfassungsbestimmung anbelangt. Je<br />

na<strong>ch</strong> politis<strong>ch</strong>en Kräfteverhältnissen wird dieser Spielraum somit von Behörde zu<br />

Behörde unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> genutzt werden.<br />

3.1.1.3.2 Zweiter Satz<br />

Der zweite Satz präzisiert den Inhalt des ersten insofern, als er den Grundsatz der<br />

Gewährung von Massnahmen zur Beseitigung oder zum Ausglei<strong>ch</strong> 118 von Bena<strong>ch</strong>teiligungen<br />

stipuliert. Dadur<strong>ch</strong> unterstrei<strong>ch</strong>t der Initiativtext ausdrückli<strong>ch</strong> einen<br />

wi<strong>ch</strong>tigen Aspekte der Politik bei der Verwirkli<strong>ch</strong>ung der Grundre<strong>ch</strong>te: Die Gemeinwesen<br />

müssen ni<strong>ch</strong>t nur ein Verhalten an den Tag legen, das der Glei<strong>ch</strong>stellung<br />

ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>adet (Pfli<strong>ch</strong>t zur Enthaltung), sondern sie müssen darüber hinaus ein aktives<br />

Verhalten entwickeln, um die Glei<strong>ch</strong>stellung zu verwirkli<strong>ch</strong>en. Indem die Beseitigung<br />

(besser: der Ausglei<strong>ch</strong>) bestehender Bena<strong>ch</strong>teiligungen verlangt wird,<br />

116 Siehe zu diesem Begriff Ziff. 3.1.1.3.2 und die diesbezügli<strong>ch</strong>e Bemerkung.<br />

117 In den auf den Unters<strong>ch</strong>riftenbögen aufgedruckten Kommentaren war ausdrückli<strong>ch</strong> die<br />

Rede von «Chancenglei<strong>ch</strong>heit» («Dirittto di avere pari opportunita»). Zur Frage der formellen<br />

Anpassung des Textes der Volksinitiative an die neue Verfassung und zum Problem<br />

der französis<strong>ch</strong>en und italienis<strong>ch</strong>en Übersetzung konsultiert, hat das Initiativkomitee<br />

ausdrückli<strong>ch</strong> präzisiert, dass «das von der Volksinitiative angestrebte Ziel klar die<br />

Verwirkli<strong>ch</strong>ung der Glei<strong>ch</strong>stellung ist, und zwar glei<strong>ch</strong>zeitig in re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er und in tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er<br />

Hinsi<strong>ch</strong>t».<br />

118 Der deuts<strong>ch</strong>e Text als Originaltext verwendet das Substantiv «Ausglei<strong>ch</strong>» (im Italienis<strong>ch</strong>en<br />

übersetzt mit «compensare»). Der französis<strong>ch</strong>e Text, wel<strong>ch</strong>er den Begriff «correction»<br />

verwendet, drückt die Idee des Ausglei<strong>ch</strong>s aber nur annähernd aus. Um diese Bestimmung<br />

zu begreifen, ist es deshalb erforderli<strong>ch</strong>, die Idee des «Ausglei<strong>ch</strong>s» vor Augen<br />

zu haben.<br />

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