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Bbl 2001 1715 - admin.ch

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den Erlass unterbreitet. Im vorliegenden Fall läuft diese Frist am 14. Dezember 2000<br />

ab.<br />

Gemäss Artikel 27 Absatz 1 Ges<strong>ch</strong>äftsverkehrsgesetz bes<strong>ch</strong>liesst die Bundesversammlung<br />

innert 30 Monaten na<strong>ch</strong> Einrei<strong>ch</strong>ung der Initiative, ob sie der Initiative<br />

zustimmt oder ni<strong>ch</strong>t; im vorliegenden Fall hat dies bis spätestens am 14. Dezember<br />

<strong>2001</strong> zu ges<strong>ch</strong>ehen. Diese Frist kann allerdings gemäss Artikel 27 Absatz 5 bis um ein<br />

Jahr verlängert werden, wenn mindestens ein Rat über einen mit der Volksinitiative<br />

eng zusammenhängenden Erlass Bes<strong>ch</strong>luss gefasst hat. In einem sol<strong>ch</strong>en Fall würde<br />

die Frist vorliegend am 14. Dezember 2002 ablaufen.<br />

2 Allgemeines<br />

2.1 Zur Situation der Behinderten in der S<strong>ch</strong>weiz<br />

2.1.1 Der Begriff der Behinderung<br />

Lange Zeit galt Behinderung als eine individuelle Abwei<strong>ch</strong>ung von der Norm eines<br />

gesunden, leistungsfähigen Mens<strong>ch</strong>en. Die medizinis<strong>ch</strong>e und ökonomis<strong>ch</strong>e Betra<strong>ch</strong>tungsweise<br />

führte zu einer Individualisierung der Behindertenproblematik. Jedo<strong>ch</strong><br />

ist au<strong>ch</strong> die sozio-kulturelle Dimension der Behinderung in die Betra<strong>ch</strong>tungsweise<br />

einzubeziehen. Unter dem Blickwinkel eines ganzheitli<strong>ch</strong>en Ansatzes ist Behinderung<br />

ni<strong>ch</strong>t nur ein individuelles Problem, sondern ein Lebensbewältigungsproblem<br />

in einer bestimmten Gesells<strong>ch</strong>aft und in einer bestimmten historis<strong>ch</strong>en Entwicklungsphase.<br />

Die kulturelle Dimension von Behinderung zeigt si<strong>ch</strong> darin, dass<br />

somatis<strong>ch</strong>e, psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e und psy<strong>ch</strong>osomatis<strong>ch</strong>e Krankheitsbilder innerhalb einer<br />

Kultur und Sozialstruktur einer Gesells<strong>ch</strong>aft bewertet und entspre<strong>ch</strong>end dieser Bewertung<br />

institutionell erkannt oder au<strong>ch</strong> negiert, ja gar verdrängt werden14. Entspre<strong>ch</strong>end<br />

der Bewertung gestaltet si<strong>ch</strong> das individuelle und gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Handeln.<br />

Behinderung muss gesehen werden als das Resultat eines komplexen Zusammenwirkens<br />

von individuellen, familiären, sozialen, ökonomis<strong>ch</strong>en, kulturellen und juristis<strong>ch</strong>en<br />

Gegebenheiten und Kräften. Als systemis<strong>ch</strong>e Hindernisse erweisen si<strong>ch</strong> ar<strong>ch</strong>itektonis<strong>ch</strong>e<br />

Barrieren, fehlende behindertengere<strong>ch</strong>te hygienis<strong>ch</strong>e Einri<strong>ch</strong>tungen,<br />

mangelnde Berücksi<strong>ch</strong>tigung spezieller Bedürfnisse von Mens<strong>ch</strong>en mit Wahrnehmungss<strong>ch</strong>wierigkeiten<br />

in den Medien und in öffentli<strong>ch</strong>en Verkehrsmitteln, ungenügende<br />

Teilzeitbes<strong>ch</strong>äftigungsmögli<strong>ch</strong>keiten usw. Soziale Strukturen tragen dazu bei,<br />

die Behinderung zu s<strong>ch</strong>affen oder zu verstärken.<br />

Wie jeder Mens<strong>ch</strong> lebt au<strong>ch</strong> der Mens<strong>ch</strong> mit einer Behinderung als Individuum und<br />

als Mitglied der Gesells<strong>ch</strong>aft. Der mit einer Behinderung belastete Mens<strong>ch</strong> muss<br />

si<strong>ch</strong> zwei existenzielle Fragen stellen: Wel<strong>ch</strong>e Anforderungen ri<strong>ch</strong>tet die Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

an mi<strong>ch</strong> und wie komme i<strong>ch</strong> mit meiner Behinderung zure<strong>ch</strong>t. Im Spannungsfeld<br />

von Normalität und Abwei<strong>ch</strong>ung wird Behinderung definiert und bewertet.<br />

«Die Frage bleibt offen, wieweit Behinderung eine Eigens<strong>ch</strong>aft, vor allem ein<br />

Mangel, ein Defizit in körperli<strong>ch</strong>er oder psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>er (oder geistiger) Hinsi<strong>ch</strong>t des<br />

Mens<strong>ch</strong>en sei, der als behindert gilt, oder wieweit Behinderung ein gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es<br />

Konstrukt darstellt, das zur Ausgrenzung bestimmt gearteter Mens<strong>ch</strong>en führt» 15<br />

14 Adriano Previtali, Handicap e diritto, Fribourg 1998, S. 44 sowie S. 82, Fussnote 290.<br />

15 Jörg Paul Müller, Diskriminierung behinderter Personen de constitutione lata et ferenda,<br />

in: Erwin Murer (Hrsg.), Eingliederung vor Rente – Eingliederung in die Sackgasse, Bern<br />

1998, S. 1–15, S. 6.<br />

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