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Bbl 2001 1715 - admin.ch

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muss der Staat unter Umständen sogar positive Massnahmen zur Förderung der<br />

Glei<strong>ch</strong>stellung ergreifen. Der Artikel belässt dem Gesetzgeber, was die Wahl der<br />

Mittel anbelangt, allerdings einen grossen Spielraum, umfasst do<strong>ch</strong> der Begriff<br />

«Massnahmen» sowohl Zwangsmittel (Verpfli<strong>ch</strong>tung, na<strong>ch</strong> den Bedürfnissen der<br />

unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> Behinderten zu bauen, Bes<strong>ch</strong>äftigtenquote usw.) als au<strong>ch</strong> Vorkehren<br />

rein anregender Natur (Direkthilfen, Steuererlei<strong>ch</strong>terungen oder -vorteile usw.). Die<br />

Wahl der Mittel hängt ab vom Ermessensspielraum der Gesetzgeber und bleibt ein<br />

politis<strong>ch</strong>er Ents<strong>ch</strong>eid.<br />

3.1.1.4 Gewährleistung eines subjektiven Re<strong>ch</strong>ts (Abs. 3)<br />

Absatz 3 gewährleistet, soweit wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> zumutbar, den Zugang zu Bauten und<br />

Anlagen oder die Inanspru<strong>ch</strong>nahme von Einri<strong>ch</strong>tungen und Leistungen, die für die<br />

Öffentli<strong>ch</strong>keit bestimmt sind.<br />

Selbst wenn diese Bestimmung einen eigenen Absatz in der Verfassungsnorm bildet,<br />

stellt sie eine Konkretisierung des Absatzes 2 von Artikel 4bis und ni<strong>ch</strong>t von Absatz<br />

1 dar. Diese Auffassung wird gestützt dur<strong>ch</strong> den Umstand, dass der Initiativtext einer<br />

Logik folgt, wel<strong>ch</strong>e vom Allgemeinen (Abs. 1) zum Besonderen (Abs. 2) geht.<br />

Davon ausgehend, ers<strong>ch</strong>eint es klar, dass die Gewährleistung des Zugangs nur die<br />

Behinderten im Auge hat119 und ni<strong>ch</strong>t alle Personen, wel<strong>ch</strong>e mögli<strong>ch</strong>erweise unter<br />

Diskriminierungen gemäss Absatz 1 zu leiden haben.<br />

Wörtli<strong>ch</strong> genommen gewährleistet Absatz 3 des Initiativtextes ni<strong>ch</strong>t ausdrückli<strong>ch</strong><br />

das Re<strong>ch</strong>t auf den Zugang120, sondern bloss den Zugang zu Anlagen und Leistungen,<br />

die für die Öffentli<strong>ch</strong>keit bestimmt sind. Obwohl der Begriff «Re<strong>ch</strong>t» selbst<br />

fehlt, darf denno<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t in Abrede gestellt werden, dass diese Bestimmung den Behinderten<br />

ein subjektives, direkt auf die Verfassung gestütztes Re<strong>ch</strong>t einräumt. Im<br />

Grundre<strong>ch</strong>tsberei<strong>ch</strong> kommt die Garantie eines Grundsatzes des materiellen Re<strong>ch</strong>ts<br />

nämli<strong>ch</strong> in Wirkli<strong>ch</strong>keit der S<strong>ch</strong>affung eines subjektiven Re<strong>ch</strong>ts glei<strong>ch</strong>: Den Zugang<br />

zu gewährleisten heisst, ein Re<strong>ch</strong>t auf Zugang anzuerkennen. Dasselbe gilt bei der<br />

Gewährleistung der Eigentumsgarantie gemäss Artikel 26 Absatz 1 BV, der den Begriff<br />

«Re<strong>ch</strong>t» ebenfalls ni<strong>ch</strong>t erwähnt. Dazu kommt, dass die Urheber der Initiative<br />

ihre Auffassung betreffend subjektives Re<strong>ch</strong>t in Absatz 3, den sie zum Kernstück ihrer<br />

Initiative erhoben haben, unmissverständli<strong>ch</strong> dargetan haben121. Was den materiellen Geltungsberei<strong>ch</strong> dieses Re<strong>ch</strong>ts anbelangt, ist er ebenfalls offen,<br />

wie wir das bereits weiter oben hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> des Auftrags gesehen haben; der Initiativtext<br />

s<strong>ch</strong>liesst keine Kategorie von Leistungen aus, zieht aber au<strong>ch</strong> keine vor.<br />

Anvisiert sind Werke aller Art (Häuser, Gebäude, Läden, Bahnhöfe, Säle, Stadien,<br />

S<strong>ch</strong>wimmbäder, Denkmäler, Parks, Anlagen usw.) sowie au<strong>ch</strong> alle Arten von<br />

119 Vgl. au<strong>ch</strong> das Dossier des Vereins Volksinitiative, «Der Zugang zu Bauten und Anlagen<br />

oder die Inanspru<strong>ch</strong>nahme von Einri<strong>ch</strong>tungen und Leistungen, die für die Öffentli<strong>ch</strong>keit<br />

bestimmt sind …».<br />

120 Im Gegensatz zum Anspru<strong>ch</strong> auf glei<strong>ch</strong>en Lohn gemäss Art. 8 Abs. 3 dritter Satz BV<br />

(Art. 4 Abs. 2 dritter Satz aBV).<br />

121 Dossier des Vereins Volksinitiative, insbesondere: «Ni<strong>ch</strong>t auf halbem Wege stehen bleiben<br />

– Warum wir heute unsere Volksinitiative «Glei<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te für Behinderte» und «Zugang<br />

zu Bauten und Anlagen oder Inanspru<strong>ch</strong>nahme von Einri<strong>ch</strong>tungen und Leistungen,<br />

die für die Öffentli<strong>ch</strong>keit bestimmt sind …»; siehe au<strong>ch</strong> die parlamentaris<strong>ch</strong>en Beratungen<br />

zur Initiative Suter (vgl. Ziff. 2.4.1), die eine Klausel enthielt, wel<strong>ch</strong>e derjenigen von<br />

Abs. 3 des Textes der Volksinitiative sehr ähnli<strong>ch</strong> ist.<br />

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