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POLISEXGE UND WELTWEITE<br />
musste sich mit der wirtschaftlichen Differenzierung decken.<br />
Die Intelligenz, die so entstand, grenzte sich innerhalb ihrer<br />
Polis als Klasse nach unten ab, sprengte dafür die geistigen<br />
Landesgrenzen.<br />
Eine überstaatliche Gesinnung musste entstehen,<br />
nicht bloss bei denen, die mangels einer festen Scholle von<br />
Stadt zu Stadt zogen, sondern auch bei denen, die sie aufnahmen,<br />
für die das Freisein von den drückenden Lasten der<br />
Polis bereits von anderer Richtung her in den Gesichtskreis<br />
getreten<br />
war.<br />
Wie schrankenlos der Äther sich dem Aare weitet,<br />
So ist ein jedes Land des Weisen Heimat*),<br />
sagt ein schönes Wort des romantischen V. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />
„Einem weisen Mann steht die ganze Welt offen. Denn das<br />
Vaterland einer trefflichen Seele ist das Universum", lesen wir<br />
bei Demokrit ^).<br />
Leben, Wollen <strong>und</strong> Wirken hat ihm das Recht<br />
dazu gegeben. Anders freilich klingt der Gedanke im Plutos<br />
des Aristophanes wieder^): „Wo es einem gut geht, da ist man<br />
stets im Vaterland." Die weltbürgerliche Idee, die hier erkennbar<br />
wird, mochte den äussersten Punkt der möglichen Entwicklung<br />
bedeuten. Gedanken bis zu den letzten Konsequenzen zu<br />
denken ist das Vorrecht hochstehender Individuen. Der Durchschnittsmensch<br />
mag auf halbem Wege stehen bleiben <strong>und</strong> so einen<br />
Ausgleich finden, in dem das Traditionelle sein Recht behält.<br />
Man kann den Charakter eines Volkes nicht durch einige rasch<br />
hinzugefügte Striche beliebig <strong>und</strong> mutwillig ändern. Der Grieche<br />
war zu sehr ein „politisches Wesen", als dass er nicht als Ausdruck<br />
der neuen Gesinnung den neuen Staat,<br />
den hellenischen<br />
Staat hätte fordern müssen. Das grosse Geschehen von Salamis<br />
<strong>und</strong> Himera stand vor aller Augen, die Gemeinsamkeit des<br />
Glaubens,<br />
der Sprache <strong>und</strong> der Sitten Hess sich nicht verkennen.<br />
Es gab eine Grenze, die den Griechen vom Barbaren trennte,<br />
einen griechischen Stolz <strong>und</strong> den Glauben an eine griechische<br />
Sendung.<br />
Wenn aber dem Griechen die Polis räumlich <strong>und</strong> geistig zu<br />
enge wurde, so brauchte er deshalb als Organisationsform des<br />
1) Eurip. fr. 1047. - 2) fr. 247. — 3) 115]. LysiaB 31,6.