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80 EHRE UND REICHTUM<br />
Philoktet zu betrügen. Des Gewinnes an Geld <strong>und</strong> Geldeswert<br />
halber wäre der Sohn des Achill<br />
zu dem Schurkenstreich nicht<br />
zu bewegen. Als ihm der Held von Ithaka beweist, dass er<br />
Ruhm dabei gewinnen wird, da ist er bereit, jede Rücksicht<br />
fahren<br />
zu lassen^).<br />
Xenophon ist dem Söldnergeneral Menon nicht gewogen^).<br />
Er ist für ihn ein Typus des griechischen Menschen, der jeden<br />
Tadel verdient. „Wie andere Menschen in Frömmigkeit, Wahrhaftigkeit<br />
<strong>und</strong> Gerechtigkeit die Sterne ihres Lebens sehen,<br />
so strebte Menon darnach, ein Meister zu werden in der Kunst<br />
des Täuschens, des Lügens; ein Meister, seine Fre<strong>und</strong>e zu betrügen."<br />
Er sieht darin den Weg zu seinem letzten Ziel:<br />
„Schwer reich werden, herrschen, um noch reicher zu werden,<br />
geehrt zu werden, um seine Ehrenstellung zur eigenen Bereicherung<br />
auszunützen." Aber nicht das Ziel ist es, das<br />
Xenophon verschmäht, nur der Weg dünkt ihm verwerflich.<br />
Wie er Menon verachtet, so liebt er Proxenos, der ihm zur<br />
Verkörperung der idealen soldatischen Männlichkeit wird. Sein<br />
Ziel ist das nämliche wie das des Menon, jener Dreiklang, der<br />
ieden Griechen begeistert: grosser Name, grosse Macht, Reichtum.<br />
Aber er geht andere Wege als Menon: den Weg der<br />
Gerechtigkeit, des Dikaion <strong>und</strong> den Weg des Edlen, des Kalon').<br />
Ein andermal erscheinen ihm als Ziele eines rechtschaffenen<br />
Lebens :<br />
Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Körperkraft, Ehrenstellungen im Staatsdienst,<br />
Fre<strong>und</strong>schaft, Bewahrung in kriegerischen Nöten <strong>und</strong><br />
als letztes Reichtum, durch sittlich einwandfreie Mittel er-<br />
1) Soph. PhU. 109 ff. ~ 2) Anab. 2. 6, 21<br />
3) Wenn der General solche Begriffe gerne im M<strong>und</strong>e führte, 3o mag<br />
man sich daran erinnern, dass er ein Schüler von Gorgias war. Greifen wir<br />
nochmals zurück. Hippias erkennt einen gerechten Neid an (vgl. S. 49),<br />
Protagoras vielleicht eine berechtigte Philotimia (vgl. S. 58). Proxenos, der<br />
Gorgiasschüler, ist überzeugt, dass das Streben nach Ehre <strong>und</strong> Besitz berechtigt<br />
ist, sofern es auf gerechten Wegen vor sich geht. Das ist überaU<br />
dieselbe Methode der Sophistik, natürliche Strebungen wirken zu lassen, soweit<br />
sie nicht gefährlich werden, denn mit rationalen Mitteln lässt sich eben,<br />
was physiologisch <strong>und</strong> biologisch begründet ist, nicht ausschalten. Die<br />
menschliche Natur lässt sich nicht korrigieren, aber auf einen Mittelweg<br />
eingehegt, rauas sich ein Ablauf ohne Gewaltsamkeiten ermöglichen lassen.