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78 BESITZ UND POLITISCHE MORAL<br />
die Überschätzung des Besitzes veranschaulicht : Ein Rennpferd<br />
des Nikias wird durch die<br />
Strassen Athens von seinem Trainer<br />
geführt. Ein Haufe staunenden Volkes läuft mit <strong>und</strong> spricht<br />
bew<strong>und</strong>ernd von dem Pferde. Sokrates drängt sich zu dem<br />
Trainer durch <strong>und</strong> fragt ihn, ob denn das Pferd sehr reich sei.<br />
Der staunt <strong>und</strong> meint, der Frager sei von Sinnen. Ist aber<br />
die Frage unberechtigt, wo in Athen jeder Mensch mehr nach<br />
seinem Geld taxiert wird als nach den natürlichen Vorzügen<br />
Wer arm ist, der wird verachtet, mag er sonst sein, wer<br />
<strong>und</strong> wie er will. Darüber hilft nicht einmal die vielgepriesene<br />
Bildung hinweg, denn für alle, mögen sie Fre<strong>und</strong>e der Musen<br />
sein oder nicht, dreht sich das Leben um das Geld, <strong>und</strong> als<br />
der Weiseste gilt der, welcher am meisten besitzt. Kritias<br />
sagt, es sei besser, Dummheit <strong>und</strong> Reichtum im Hause zu<br />
haben als Armut <strong>und</strong> Bildung ^). Ja sogar die uralten Grenzen<br />
zwischen Bürgern <strong>und</strong> Nichtbürgern, selbst zwischen Freien<br />
<strong>und</strong> Unfreien werden verwischt. Auch der Sklave wird geehrt,<br />
wenn er zu Reichtum kommt; der Freie, welcher arm ist, gilt<br />
dagegen nichts*).<br />
In diesem Streben nach Besitz ist die politische Moral dei-<br />
Polis untergegangen. Ob man als Privatmann lebt, ob man<br />
eine öffentliche Stellung inne hat,<br />
das macht keinen Unterschied.<br />
Leben heisst erwerben. Wer Beamter ist, der ist weit davon<br />
entfernt, sich als Diener des Staates diesem verpflichtet zu<br />
fühlen; seine Stellung wird ihm ein Mittel zum Erwerb. Politik<br />
wird zum Geschäft.<br />
Die hohen militärischen Kommandostellen sind<br />
in den Augen<br />
des Publikums nichts als einträgliche Posten. Mit solchem<br />
Hintergedanken prägt Aristophanes für den Feldherrn Lamachos<br />
den Zunamen (/.icO^ap^^^t^Ti; <strong>und</strong> stellt ihn in Gegensatz zum<br />
Soldaten, der fürs Vaterland sterben darf, während sich der<br />
Feldherr bereichert. Darum beschwert sich auch der alte<br />
Dikaiopolis bitter darüber, dass junge Gelbschnäbel von allen<br />
einträglichen Staatsstellen den Rahm abschöpfen, während alte<br />
1) Kritias fr. 29. Ähnlich Eurip. Androm. 330 f.<br />
2) Eurip. fr. 142. (Xen.) Ath. Pol. 1, 10, 11.