Demos und Monarch - booksnow.scholarsportal.info

Schluss.
Ein
demokratisches oder monarchisches
Jahrhundert
Man wird Berechtigung und Wert dieser Untersuchung in
Zweifel stellen und den griechischen Machtwillen durch ein
lichtes Wort beschwören, mit dem unsere Zeit so viele Gemütswerte
verbindet; man wird mit grosser Geste vom V. Jahrhundert
als dem Jahrhundert der siegreichen Demokratie reden
und Thukydides als Zeugen in die Schranken fordern. Nicht
deswegen, weil er in seinem Werke die Persönlichkeit zurücktreten
lässt — er weiss genau, was sie für die Entwicklung der
Ereignisse bedeutet —, sondern deshalb, weil er in der Einleitung
dem Gedanken Ausdruck gibt, dass das V. Jahrhundert den
Sieg des demokratischen über das monarchische Prinzip bedeute.
Der Sturz der Tyrannen in Athen ist für ihn ein Vorgang von
grundsätzlicher Bedeutung (1, 8, 2). Dem Einfluss des Thukydides
beugen wir uns, wenn wir gemeinhin im V. Jahrhundert
die klassische Zeit der Demokratie sehen. Thukydides war ein
Kind seiner Zeit, im politischen Milieu „Athen" erwachsen, für
ihn musste sich die griechische Geschichte in dem, was für ihn
Vergangenheit war, erschöpfen. Nach der Zukunft konnte und
brauchte er nicht zu fragen. Die Ereignisse aber, die sein
V. Jahrhundert ausmachten, mussten ihn notwendig zu einer
Betrachtung der Verfassungsprobleme führen,
die die griechische
Geschichte in eine monarchische und demokratische Periode
trennt. Der Eiss liegt bei der Marathonschlacht, die die endgültige
Zerstörung der Hoffnungen der Peisistratiden
bedeutete.
Aber die griechische Geschichte geht weiter als das Geschichtswerk
des Thukydides, und Athen ist nicht Griechenland, wenigstens
für den Historiker nicht.
Strohm, Demos und Monarch. 14