anzeiger des vereins thüringer ornithologen - Verein Thüringer ...
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22 U. Hoßfeld: Formenkreislehre versus Darwinsche Abstammungstheorie<br />
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1JJiirme.<br />
Mu.tmasslicher<br />
Stammbaum<br />
<strong>des</strong><br />
Organismenreiches<br />
in einigen a.llerwith·<br />
lIgsten �"llPlzII.gen.<br />
Abb. 7.<br />
Mutmaßlicher Stammbaum <strong>des</strong> Organismenreiches<br />
(aus FRANZ 1924 : 94 9).<br />
Abschließend verwies FRANZ nochmals auf<br />
seine phylogenetischen Vorstellungen, die bereits<br />
im Briefwechsel mit KLEINSCHMIDT zur Diskussion<br />
gestanden hatten:<br />
»Seit 1918 erachte ich für möglich, daß die Einzeller<br />
oder Protisten polyphyletisch von niederen pflanzlichen<br />
Viel- und Wenigzellern abstammen. Solche<br />
Auffassung der Einzeller würde wohl frühere <strong>des</strong>zendenztheoretische<br />
Kurzschlüsse beheben und dem<br />
berechtigten Maß von Stammgarbenvorstellungen<br />
entgegenkommen« (1944: 26)51 (Abb. 6 und 7).<br />
5 I Dieses Thema hatte FRANZ bereits bei seiner Antrittsvorlesung<br />
Die Frage nach der Stellung der Protozoen<br />
im Organismenreich als RnTER-Professor in<br />
Jena thematisiert und dabei direkt an HAECKEL angeschlossen<br />
(1919/20). V g1. weiterführendFRANz (1924 :<br />
58 ff.).<br />
7_ Resümee<br />
Zur lahrhundertwende war KLEINSCHMIDT mit<br />
seiner Idee über die Formenkreise in der Natur<br />
erstmals durch eine Publikation an die Öffentlichkeit<br />
getreten und hatte diese Entscheidung<br />
mit den Worten begründet:<br />
»Wir brauchen aber ein System, welches nicht nur<br />
für Spezialisten, sondern auch für Forscher, die nicht<br />
unser Steckenpferd reiten, verständlich ist und ihnen<br />
kurz und klar die Resultate unserer Arbeit in die Hand<br />
giebt. Es ist <strong>des</strong>halb vor allem eine weitgehende<br />
Verminderung der Gattungsnamen nötig, und möglich<br />
wird diese durch die Einführung neuer Formenkreis<br />
Namen« (1900: 137).52<br />
Da es aber nicht zu dem erhofften Durchbruch<br />
in der Nomenklatur der zoologischen Systematik<br />
kam, resümierte und appellierte er 25 Jahre nach<br />
der erstmaligen Präsentation und Diskussion:<br />
»daß die Gedanken der Formenkreislehre [ ... ] immer<br />
noch nicht voll von den meisten Biologen verstanden<br />
sind, auch nicht von allen denen, die am ehesten dazu<br />
berufen wären, von Universitätsdozenten und Museumsleitern.<br />
Die Formenkreislehre ist eine neue Abstammungslehre.<br />
Sie ist der Deszendenzlehre und der<br />
Mutationslehre, den wichtigsten Abstammungstheorien,<br />
die heute noch in Betracht kommen, in gewissem<br />
Sinne grundsätzlich entgegengesetzt [ ... ] Sie ist keine<br />
Hypothese, sondern der Verzicht auf jede Hypothese<br />
[ ... ] Mithin ist nicht die Formenkreislehre, sondern<br />
die Deszendenzlehre als bloße Arbeitshypothese ihrer<br />
Vertreter zu betrachten« (KLEINSCHMIDT 1925: 2, 4).53<br />
Genau in dieser ablehnenden Haltung gegenüber<br />
der Darwinschen Abstammungslehre sowie<br />
den Ergebnissen der Nach-MENDEL-Genetik wurzelt<br />
KLEINSCHMIDTS kreationistische Sichtweise<br />
evolutiver Prozesse im ersten Drittel unseres Jahrhunderts.<br />
Viel vorsichtiger hatte hingegen RENscH<br />
52 Siehe u. a. die Entgegnung von HARTERT (190 I), wo<br />
es heißt: »Die neue Form der Nomenklatur kann ich<br />
nicht billigen« (1.c.: 219). Der Botaniker ZIMMER<br />
MANN hingegen betonte: »Auch die etwaige Bevorzugung<br />
der Bezeichnung >Rassenkreis< statt >Art