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anzeiger des vereins thüringer ornithologen - Verein Thüringer ...

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72 H. Grimm: Historische und aktuelle Situation der Haubenlerche Galerida cristata in Thüringen<br />

ringen hoch und steigen mit zunehmender Verschlechterung<br />

der Lebensräume weiter an. Nach<br />

REMMERT (1992) sind selten gewordene Arten, die<br />

in suboptimalen Lebensräumen existieren müssen,<br />

einem höheren Feinddruck ausgesetzt, als<br />

in ihrem Optimalbereich. Aber auch aus anderen<br />

Gründen hat sich dieser Feinddruck in den letzten<br />

20 Jahren verstärkt. Elstern Pica pica und Rabenkrähen<br />

Corvus c. corone brüten mit steigender<br />

Abundanz in den Städten (z. B. GRIMM 1989, 1996).<br />

Neben Katzen Felis silvestris »farnil.« und Hunden<br />

Canis lupus »famil.« sind Steinmarder Martes<br />

Jo ina und Fuchs Vu lpes vulpes verstärkt Stadtbewohner<br />

geworden. Seit Anfang der 70er Jahre<br />

sind in Deutschland die Fuchsbestände auf über<br />

300 % angestiegen, und vitale Fuchspopulationen<br />

sind »flächendeckend und mit bisher nicht<br />

erreichter Individuenzahlen in unserer Kulturlandschaft<br />

vorhanden« (GORETZKl 1998). Dies trifft<br />

auch für die Ortschaften und ganz besonders auf<br />

die Randbereiche der großen Städte zu, auf die<br />

heute die letzten Haubenlerchenvorkommen beschränkt<br />

sind. Verluste durch Katzen sind zumin<strong>des</strong>t<br />

2mal 1997 für Erfurt belegt (1. SPERL briefl.).<br />

Die neuzeitlich aus Hessen mitgeteilten und<br />

als »extrem« eingestuften Neststandorte stimmen<br />

mit den »normalen« aus Erfurt weitgehend überein:<br />

»Straßenrand in unmittelbarer Nähe (2,5 m)<br />

zu einem Kinderspielplatz und einer Straße ... «<br />

(BERCK & LUCAN 1995). Von Ähnlichem berichtet<br />

BAuMANN (1987) aus Braunschweig: u. a. 1,15 m<br />

neben einem Parkplatz; Bordstein an einer Verkehrsinsel;<br />

in 78 cm Entfernung zum Bürgersteig;<br />

Kreuzungsbereich einer Straße, in Pflanzkübel<br />

Abb.6.<br />

Brutplatz der Haubenlerche<br />

Galerida cristata<br />

1999 in Erfurt.<br />

Das Nest befindet sich<br />

direkt am hellen Garagen<br />

tor (Bildmitte),<br />

ein weiteres in gleicher<br />

Weise nur 40 m entfernt.<br />

- Foto: J.-R. TRoM­<br />

PHELLER, 3. 6. 1999.<br />

1,5 m neben der Fahrbahn, etc. Auch in Erfurt<br />

standen von 8 zwischen 1995 und 1999 gefundenen<br />

Nestern 6 in dichter Nachbarschaft zu Bereichen,<br />

die stark vom Menschen frequentiert werden:<br />

zweimal Hochbeet neben Straßenbahnhaltestelle,<br />

je einmal Hochbeet im Tankstellenbereich,<br />

Verkehrsinsel, dicht neben Gehweg an Straßenbahnhaltestelle<br />

und Parkdeck eines Einkaufsmarktes.<br />

Dieses Verhalten könnte man voreilig<br />

als Anpassung an den wachsenden Prädationsdruck<br />

in der Gegenwart interpretieren. Aber<br />

bereits für das 19. Jh. schreibt LIEBE (1872): »Da<br />

sie ihre Nester außerordentlich gut verstecken,<br />

und zwar oft an Orten, wo fortwährend vorübergehende<br />

Menschen das Raubzeug verscheuchen<br />

und die Nester 'verwittern', so kommen<br />

immerhin viele Bruten auf.« Dies weist auf einen<br />

hohen Grad von Synanthropie bereits zu Beginn<br />

der Einwanderung nach Thüringen hin. Die einst<br />

erfolgreiche Strategie scheint aber mit zunehmender<br />

Synurbanisierung der Prädatoren nur<br />

noch bedingt zu »funktionieren«. Dagegen scheinen<br />

direkte Verluste durch den zunehmenden<br />

Straßenverkehr bei der Haubenlerche nach wie<br />

vor zu den Ausnahmen zu gehören. Es erstaunt<br />

immer wieder, zu sehen, wie geschickt sich Haubenlerchen<br />

zur »Rush-hour« auf belebten Strassenkreuzungen<br />

bewegen. In den letzten 50 Jahren<br />

wurde nur eine offensichtlich durch Straßenverkehr<br />

umgekommene Haubenlerche in das Naturkundemuseum<br />

Erfurt eingeliefert. UHLENHAUT<br />

(1995) erwähnt aus Magdeburg zwischen 1961<br />

und 1993 drei Tiere, von denen zwei Verkehrsopfer<br />

waren.

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