anzeiger des vereins thüringer ornithologen - Verein Thüringer ...
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92 H. Münch: Zum Vorkommen <strong>des</strong> Fichtenkreuzschnabels Loxia c. curvirostra im <strong>Thüringer</strong> Wald<br />
fortdauernd bis zum Einbruch der Dunkelheit,<br />
dann übernachteten die Vögel in den Bäumen<br />
und Büschen, waren am nächsten Morgen aber<br />
verschwunden.<br />
Im Sommer 1956 konnte H. KÜHHIRT in Viernau<br />
beobachten, daß Fichtenkreuzschnäbel auf einem<br />
Apfelbaum die noch sehr kleinen, nur etwa 1 cm<br />
Durchmesser aufweisenden Früchte als Nahrung<br />
aufnahmen.<br />
Die Aufnahme animalischer Kost wurde verschiedentlich<br />
nachgewiesen, als an den am Boden<br />
liegenden abgebissenen Fichtentrieben die<br />
zapfenähnlichen Gebilde (Ananasgallen) der Grünen<br />
Fichtengallenlaus Sacchiphantes (Chermes)<br />
viridis zerbissen und mit ausgefressenen Larvenkammern<br />
zu finden waren.<br />
Obwohl keine Nahrung im eigentlichen Sinne,<br />
ist das Verlangen nach Mineralstoffen bei den<br />
Kreuzschnäbeln besonders groß. Verschiedentlich<br />
konnte beobachtet werden, wie Salzlecken, die<br />
für das Wild angebracht waren, besucht wurden.<br />
Die ungewöhnlichsten Stätten für salzhungrige<br />
Kreuzschnäbel waren bis vor wenigen Jahrzehnten<br />
die Gleisanlagen am Bahnhof Ernstthal<br />
a. Rstg. An diesem, inmitten ausgedehnter Fichtenwaldungen<br />
gelegen, wurden die damals noch<br />
verkehrenden Dampflokomotiven regelmäßig<br />
entschlackt, wobei immer Asche auf die Gleisbettung<br />
herabfiel. An solchen Stellen konnte man<br />
oft Kreuzschnäbel beobachten, die sich zwischen<br />
und neben den Schienen aufhielten, um Kohlenasche<br />
zu fressen. Diese enthält verschiedenste<br />
Salze und wurde von den Vögeln so begierig<br />
aufgenommen, daß sie meist erst kurz vor einem<br />
sich nähernden Zug aufflogen.<br />
Die Aufnahme von Mörtel durch Fichtenkreuzschnäbel<br />
konnte ich im Frühjahr 1970 ebenfalls<br />
in Ernstthai a. Rstg. beobachten. Die Sockelmauer<br />
unseres Hauses besteht aus Natursteinen,<br />
die breiten Fugen dazwischen waren damals noch<br />
nicht mit Zement ausgestrichen. Dies hatten die<br />
Kreuzschnäbel der umliegenden Wälder bald<br />
entdeckt und erschienen während mehrerer Wochen<br />
fast täglich paarweise oder in kleinen Trupps<br />
an der Mauer. Sie krallten sich an den rauhen<br />
Steinen fest und pickten eifrig Mörtel aus den<br />
Fugen. Dabei zeigten sie sich keinesfalls scheu,<br />
so daß ich mich mitunter bis auf zwei Meter nähern<br />
konnte, bevor sie abflogen.<br />
Anscheinend ist für die Kreuzschnäbel nur der<br />
Salzgeschmack entscheidend, einen Unterschied<br />
zwischen dem Organismus zuträglichen und ihm<br />
schädigenden (toxischen) Stoffen vermögen sie<br />
nicht zu machen. So kann das im Winter auf Fahrstraßen<br />
verstreute »Straßensalz«, in Form kleiner<br />
Körnchen oder in feuchten Schnee bzw. Wasser<br />
gelöst, von den Vögeln aufgenommen, mitunter<br />
Gesundheitsschäden oder sogar den Tod bewirken.<br />
Eine solche Katastrophe ereignete sich im<br />
schneereichen Winter 1969/70 auf der etwa 8 km<br />
langen Straße zwischen Katzhütte und Neuhaus<br />
a. Rennweg. Sie führt längs eines engen Tales,<br />
das fast nur von steilen Hängen mit vorwiegend<br />
älteren Fichtenbeständen begrenzt wird. Dort<br />
weilte von Anfang Dezember 1969 bis Anfang<br />
März 1970 mit kurzen Unterbrechungen fast<br />
täglich beim Holzeinschlag O. KOCH (Masserberg)<br />
und wurde auf diese Weise zufällig Zeuge eines<br />
Massensterbens. Er fand während <strong>des</strong> genannten<br />
Zeitraumes, vor allem aber im Februar 1970<br />
ca. 100 Fichtenkreuzschnäbel und ca. 20 Erlenzeisige<br />
Carduelis spinus im frischtoten Zustand.<br />
Die meisten dieser Vögel wiesen schwere Beschädigungen<br />
auf (da sie von Fahrzeugen erfaßt worden<br />
waren) und nur wenige, die abseits der Straße<br />
lagen, zeigten keine äußeren Verletzungen. Die<br />
Zahl der tot aufgefundenen stellt sicherlich nur<br />
einen Teil der tatsächlich ums Leben gekommenen<br />
Vögel dar, da es sich ausschließlich um zufällige<br />
Funde handelte, denn die Straße wurde weder<br />
regelmäßig noch auf allen Abschnitten kontrolliert.<br />
Ferner ist zu bedenken, daß in hohem Schnee<br />
gefallene oder von Räumfahrzeugen mit Schnee<br />
verschüttete Tiere unauffindbar bleiben mußten.<br />
Geschlechterverhältnis<br />
Während der 40jährigen Untersuchungsperiode<br />
wurden 1427 gefangene Fichtenkreuzschnäbel untersucht'<br />
von denen 22 geschlechtlich nicht identifiziert<br />
werden konnten. Die übrigen 1405 Individuen<br />
waren 817 (58,2 %) 0 und 588 (41,8 %) «,<br />
wobei das männliche Geschlecht mit 16,4 %<br />
überwiegt.<br />
Rechts- und Linksschnäbler<br />
Von den 1427 gefangenen Fichtenkreuzschnäbeln<br />
hatten 711 (49,82 %) den Unterschnabel nach<br />
rechts und 716 (50,18, %) nach links gebogen.<br />
Die Zahl der Linksschläger lag um 0,36 % höher.<br />
Kleider<br />
Die männlichen Fänglinge wurden nach verschiedenen<br />
Färbungstypen ihrer Kleider registriert. Die<br />
Verteilung der Färbung von 274 0 im 1. Jahreskleid<br />
zeigt Tab. 7 und dieselbe von 227 0 im