anzeiger des vereins thüringer ornithologen - Verein Thüringer ...
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66 H. Grimm: Historische und aktuelle Situation der Haubenlerche Galerida cristata in Thüringen<br />
viel früher, war die Verbreitung der Art in Thüringen,<br />
mit Ausnahme einiger Bruten in den Bergbaufolgelandschaften<br />
und Truppenübungsplätzen,<br />
auf Sekundärbiotope im Bereich urbaner<br />
Lebensräume beschränkt. Das führte letztlich<br />
dazu, daß nur noch inselartig verteilte Lebensräume<br />
in größeren Ortschaften oder deren Randbereich<br />
besiedelt waren; mit aIJen Folgen einer<br />
solchen Fragmentierung und eingeschränkter<br />
Migration durch verstärkte Synurbanisierung.<br />
Ausdruck dieser Aufsplitterung <strong>des</strong> Bestan<strong>des</strong><br />
in kleine Teilpopulationen ist der sehr uneinheitliche,<br />
stark von lokalen Faktoren bestimmte Verlauf<br />
der Bestandsentwicklung. Während in den<br />
70er Jahren einige Gebiete erst wieder neu<br />
besiedelt wurden, war in dieser Zeit, z. B. im<br />
Altenburger Land, bereits ein Rückgang erkennbar<br />
(WEISSGERBER 1999).<br />
Mit zunehmendem Alter und sich verändernden<br />
Strukturen in den entstandenen Plattenbausiedlungen<br />
setzte ab Mitte der 80er Jahre, massiv<br />
aber in den 90er Jahren, der Bestandsschwund<br />
in großem Ausmaß ein. Aus den wenigen verfügbaren<br />
Daten läßt sich dies für einige Gebiete zumin<strong>des</strong>t<br />
in Ansätzen nachvollziehen. Nordhausen:<br />
1982 - 8 BP; 1983 - 13 BP; 1984 -10 BP;<br />
1985 -18BP; 1986-lO BP; 1988- l2BP; 1996-3<br />
bis 4 BP und 1997 - 2 BP (Jahresberichte der FG<br />
Nordhausen), 1999 kein Hinweis mehr auf eine<br />
Haubenlerchenbrut; Gera: 1995 min<strong>des</strong>tens noch<br />
3 Brutpaare, 1997 3-5 Brutpaare, 1999 nur noch<br />
Einzelbeobachtungen von 2 Lokalitäten, die keinen<br />
Brutverdacht rechtfertigen (Beobachtungsberichte<br />
für Landkreis Greiz und Stadt Gera);<br />
Weimar: 60er Jahre 15 BP, 1983 bis 1985 4-5 BP<br />
(HEYER 1973; TITTEL & ULBRICHT 1987, FRIEDRICH<br />
et. al. 1988, 1989), gegenwärtig 2 BP; Wohngebiet<br />
in Jena-Winzerla: 1990 und 1991 je 7 BP, 1992<br />
und 1993 je 4 BP, 1994 bis 1997 jeweils 2 BP. Seit<br />
1998 brütet die Haubenlerche dort nicht mehr (alle<br />
Angaben D. RAPPMANN, briefl.). Im Neubaugebiet<br />
Pörlitzer Höhe in Ilmenau brütete die Haubenlerche<br />
noch in der 2. Hälfte der 90er Jahre, 1998<br />
wohl noch 2-3 Paare (J. WEIPERT mündl.), für 1999<br />
gibt es keine Beobachtung mehr.<br />
Offensichtlich kam es durch die wirtschaftliche<br />
Umstrukturierung nach 1989 und dem Entstehen<br />
von Industriebrachen und überdimensionierten<br />
Gewerbeflächen auch kurzzeitig zu lokalen Neuansiedlungen.<br />
So z. B. im sonst haubenlerchenfreien<br />
Kreis Hildburghausen in Steinach für die<br />
Jahre 1997 und 1998 (H.-J. SEEBER mündl.). Dieser<br />
Platz war bereits 1999 wieder aufgegeben. Aus<br />
kleineren Ortschaften liegt ein solcher Fall auch<br />
für Oldisleben (Kyffhäuserkreis) vor, wo die<br />
Haubenlerche wahrscheinlich seit 1994 (erfolgreich?)<br />
brütet. Insgesamt sind solche Fälle im Vergleich<br />
zur Zahl und Größe der neu entstandenen<br />
Flächen, die nach subjektivem Empfinden den<br />
Ansprüchen genügen könnten, unverhältnismäßig<br />
gering und in keiner Weise mit den Vorgängen<br />
in den 60er und 70er Jahren zu vergleichen.<br />
Der Grad der Isoliertheit steht in den<br />
meisten Fällen einer dauerhaft erfolgreichen Ansiedlung<br />
entgegen.<br />
5. Zu Bestand und gegenwärtiger Verbreitung<br />
der Haubenlerche in Thüringen<br />
sowie möglichen Ursachen <strong>des</strong> Rückgangs<br />
Bei optimistischer Betrachtung kann aktuell von<br />
einem Gesamtbestand von etwa 110 (Brut-?) Paaren<br />
für ganz Thüringen ausgegangen werden<br />
(Abb. 1, Tab. 1). Auffällig ist, daß die noch heute<br />
besiedelten Gebiete weitgehend in den trockensten<br />
und wärmsten Landschaften Thüringens liegen;<br />
innerhalb der 8°C-Isotherme für den Jahresdurchschnitt.<br />
Diese sind das <strong>Thüringer</strong> Becken,<br />
das Kyffhäuser-Unstrut-Gebiet, die Altenburger<br />
Lößhügellandschaft und die Täler der Flüsse<br />
Saale, Weiße Elster, Werra und z. T. Ilm. Eine<br />
derartige Bevorzugung von klimabegünstigten<br />
Tiefebenen und Flußtälern ist typisch für die<br />
Verbreitung der Art in ganz Mitteleuropa (ABs<br />
1963). Die Temperaturen der letzten Jahrzehnte<br />
zeigen eine steigende Tendenz. Darauf reagieren<br />
einige, vor aIJem mediterrane Arten, mit Arealausweitung<br />
(s. BERTHOLD 1998). So sind Zweifel<br />
berechtigt, daß großklimatische Faktoren für den<br />
derzeitigen Rückgang der Haubenlerchenbestände<br />
verantwortlich sind, wie dies mehrfach vermutet<br />
wurde (z. B. BERCK & LUCAN 1995, HEYNE<br />
1992). Der einsetzende Bestandsschwund, bereits<br />
in den klimabegünstigten 40er und 50er Jahren<br />
<strong>des</strong> 20. Jahrhunderts, als es zum Beispiel vermehrt<br />
Nachweise von Rotkopf- und Schwarzstirnwürger-Bruten<br />
in Thüringen gab, verstärkt die Zweifel<br />
an dieser Auffassung. Auch in anderen Gegenden<br />
wird darauf verwiesen, daß ein direkter Zusammenhang<br />
zur Klimaentwicklung nicht nachvollziehbar<br />
ist (z. B. SACKL & SAMWALD 1997). Insgesamt<br />
kann zumin<strong>des</strong>t eine monokausale Abhängigkeit<br />
davon nicht glaubhaft gemacht werden.<br />
Außerhalb dieser warmen Gebiete gibt es im<br />
Eichsfeld einen bis auf wenige Paare stark geschrumpften<br />
Restbestand. Dieser erscheint schon<br />
weitgehend isoliert, denn auch in den angrenzenden<br />
Flächen Hessens fehlt die Haubenlerche<br />
bereits (BERCK & LUCAN 1995). In Sonneberg brü-