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anzeiger des vereins thüringer ornithologen - Verein Thüringer ...

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sind. Um diese Frage exakt zu klären, machte ich<br />

zusammen mit H. Heinz während der Invasion<br />

1962 folgenden Versuch. An einem mit Lockvögeln<br />

versehenen Fangplatz bei Lauscha wurden<br />

an mehreren Tagen im Juni zwei wenige Wochen<br />

alte Jungvögel, einzeln gekäfigt, dazugegeben.<br />

Von den vorüberkommenden Trupps und Scharen<br />

fielen wiederholt Vögel ein, und wenn sich<br />

einer einem Jungvogel näherte, wurde er von<br />

diesem meist lebhaft angebettelt. Wiederholt kam<br />

es dann zum Füttern durch die Gitterstäbe hindurch,<br />

obwohl dies schwierig war und die Futterübergabe<br />

nicht immer erfolgreich verlief. Da es<br />

sich bei den fütternden Vögeln mit Sicherheit<br />

immer wieder um andere Individuen handelte,<br />

konnte das Betreuen fremder Junge eindeutig<br />

nachgewiesen werden.<br />

In den Gebirgsorten, wo die Käfige mit Kreuzschnäbeln<br />

oft außen neben einem Fenster hängen,<br />

werden solche nicht selten von freilebenden<br />

Jungvögeln angeflogen, die dann meist ebenfalls<br />

um Futter betteln. Mitunter kommen auch Vögel<br />

anderer Altersklassen zu den gekäfigten Artgenossen<br />

hin, wozu sie nicht irgendwelche Nahrung,<br />

sondern nur der Geselligkeitstrieb veranlaßt,<br />

wenn auch manchmal zufällig verstreute Samenkörner<br />

aufgelesen werden. Solche Besucher, ob<br />

Jung- oder Altvögel, zeigen meist wenig Scheu,<br />

so daß man sie oftmals mit einem Käscher fangen,<br />

manchmal sogar mit der Hand greifen konnte.<br />

Wie gekäfigte Fichtenkreuzschnäbel auf den<br />

Angriff eines Greifvogels reagieren, konnte ich<br />

einmal am vorerwähnten Fangplatz beobachten.<br />

Ein Sperber Accipiter nisus stieß plötzlich auf<br />

einen Käfig, schlug den darin befindlichen Lockvogel,<br />

zog ihn durch das Drahtgitter hindurch<br />

und verschwand mit der Beute. Die übrigen drei<br />

Lockvögel hatten ungehindert den Vorgang sehen<br />

können, blieben aber wie schockiert in geduckter<br />

Haltung völlig bewegungslos in ihren Käfigen<br />

sitzen und ließen auch keinerlei Laute vernehmen.<br />

Erst einige Minuten nach dem Vorfall begannen<br />

sie allmählich wieder ihre übliche Lebhaftigkeit<br />

zu zeigen.<br />

Lebensraum<br />

Im Untersuchungsgebiet bewohnte der Fichtenkreuzschnabel<br />

vor allem Wälder mit Fichten, sowohl<br />

reine Bestände als auch solche, die mit<br />

Tannen, Kiefern, Lärchen oder Laubgehölzen<br />

gemischt waren. Wichtig war dabei nicht die<br />

Größe der Waldkomplexe, sondern nur das Vorhandensein<br />

von genügend Bäumen mit Zapfen<br />

als Nahrungsgrundlage. Wo dies der Fall war,<br />

Anz. Ver. Thüring. Ornithol. 4 (2000) 91<br />

kam es bisweilen sogar inmitten von Städten<br />

gelegenen koniferenreichen Parks oder Friedhöfen<br />

zu Bruten.<br />

Neben dem Nahrungsangebot spielen bei der<br />

Wahl <strong>des</strong> Brutortes aber noch andere ökologische<br />

Faktoren eine wesentliche Rolle. Geländemäßig<br />

wurden meist freie Lagen wie Hänge,<br />

Bergrücken oder Hochebenen besiedelt, dagegen<br />

tief eingeschnittene, enge Täler kaum einmal.<br />

Sowohl in reinen Fichten- als auch in Mischwäldern<br />

wurden stets ältere Bestände bevorzugt.<br />

Eine Vorliebe bestand für lichte, offene Wälder,<br />

denn in dichten Forsten lagen die Brutplätze immer<br />

nahe an stark gelichteten Stellen wie Schneisen,<br />

Wegen, Wiesen, Kahlschlägen, Windbruchflächen<br />

oder Schonungen. Andererseits diente<br />

gelegentlich auch eine aus Jungwuchs herausragende<br />

oder sonstwie auf freier Fläche exponiert<br />

stehende Baumgruppe als Brutort.<br />

Nahrung<br />

Beobachtungen zur Ernährungsweise <strong>des</strong> Fichtenkreuzschnabels<br />

lassen erkennen, daß von allen<br />

im Untersuchungsgebiet vorkommenden Koniferenarten<br />

die Fichte, insbesondere ihr Zapfen- und<br />

Samenertrag, die Hauptrolle spielt. Dabei war<br />

wiederholt festzustellen, daß in samenreichen<br />

Jahren, wo jeder Baum reichlich Nahrung bot, diese<br />

nur von ganz bestimmten, ausgewählten »Fraßbäumen«<br />

genommen wurde. Unter solchen war<br />

der Boden oft mit Hunderten von abgebissenen,<br />

mehr oder weniger bearbeiteten Zapfen übersät.<br />

Nicht nur bei Samenmangel dienten im Winter<br />

und Frühj ahr fast regelmäßig auch Blatt- und<br />

Blütenknospen der Fichte als Nahrung. Junge Triebe<br />

wurden oft auch abgebissen und nach dem<br />

Befressen falIengelassen. Solche Zweigspitzen<br />

- auch Absprünge genannt - lagen dann in großer<br />

Menge auf dem Waldboden. Dabei war auffallend,<br />

daß nicht wahllos und gleichmäßig alle, sondern<br />

nur ganz bestimmte Bäume befressen wurden,<br />

andere dazwischen völlig verschont blieben. Es war<br />

ähnlich wie bei den vorerwähnten »Fraßbäumen«<br />

im Zusammenhang mit der Samennahrung.<br />

Das Verzehren von Beeren beobachtete W.<br />

SCHMIDT in Igelshieb (Neuhaus a. Rwg.) am 14.<br />

September 1968. Ein Schwarm von etwa 300<br />

Fichtenkreuzschnäbeln ließ sich spätnachmittags<br />

auf den Ebereschen Sorbus aucuparia direkt<br />

neben seinem Haus nieder. Sie zerschroteten die<br />

Beeren und fraßen fast nur die Kerne. Nachdem<br />

fast alle an Bäumen und Büschen hängenden<br />

Früchte verzehrt waren, wurden auch noch die<br />

zu Boden gefallenen aufgenommen. Dies geschah

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