anzeiger des vereins thüringer ornithologen - Verein Thüringer ...
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52 E. R. Scherner: Fortpflanzung im »Wald der Rotmilane« - eine Fehlentscheidung?<br />
Auch das Begrünen der Stillegungsflächen (z. B. mit<br />
Sommerraps, Senf oder Phacelia) ist zulässig und in<br />
der Praxis weit verbreitet. Diese Feldpflanzen bilden<br />
schnell dicht schließende Bestände, denn das Aufwachsen<br />
von >Unkräutern< solljadadurch verhindert werden<br />
... Diese dichten Bestände werden erst ab Mitte Juni<br />
gemäht. Selbst wenn in solchen Beständen Feldmäuse<br />
vorkämen, sind sie gerade während der Jungenaufzucht<br />
für Greifvögel und Eulen nicht erreichbar, die Landschaft<br />
ist gleichsam versiegelt. Auch die wenigen« um<br />
Badeborn »vorkommenden Feldhasen konzentrieren<br />
sich im Mai/Juni am Ortsrand, wo sich noch Gärten<br />
und kleine Futterflächen befinden oder halten sich auf<br />
den Feldwegen auf . .. Selbst wenn sie verfolgt werden,<br />
flüchten sie eher hunderte von Metern auf den Feldwegen<br />
als in dichtwachsende Getreide- oder Rapsbestände«<br />
(GEORGE 1995 b).<br />
Weitere Einschränkungen entstehen neuerdings<br />
auch durch Schließungen lokaler Müllplätze und<br />
veränderte Abfallbehandlung in den verbliebenen<br />
Deponien. Obwohl der agrarische Strukturwandel<br />
und die Minderung <strong>des</strong> Nahrungsangebotes<br />
nicht auf einzelne Abschnitte der hier<br />
betrachteten Region beschränkt waren, zeigt die<br />
Populationsdynamik <strong>des</strong> Rotmilans lokale Differenzierungen,<br />
nämlich gegenläufige Entwicklungen<br />
der Brutbestände in Hakel und um Aschersleben<br />
(Abb. 1) sowie im Hakel drastisch reduzierte<br />
Fortpflanzungsleistungen (Tab. 2), jedoch im<br />
Raum Aschersleben Brutgrößen (Tab. 4), wie sie<br />
1957 -1967 auch im Hakel verzeichnet wurden (vgl.<br />
Tab. 2).<br />
Daß jene Unterschiede topographisch bedingt<br />
sind, zeigt ein idealisierter Vergleich von Paaren,<br />
die inmitten der Agrarlandschaft oder an der<br />
Nordspitze <strong>des</strong> Hakel siedeln. Dabei fungiert das<br />
Nest als Zentrum eines kreisförmigen Aktionsraumes<br />
(FlächeA mit RadiusR), in dem die Distanz<br />
zwischen Nistplatz und zufällig verteilten Beutetieren<br />
bzw. Aufenthaltsorten durchschnittlich<br />
D =-Jo:s. R beträgt. Ausgangspunkt ist eine willkürlich<br />
gewählte, aber nicht unrealistisch anmutende<br />
Standardsituation mit R = 2,50 km.<br />
Dem Radius von 2,50 km entsprichtA = 19,63 km2<br />
(D = 1,77 km). Ein Brutpaar am Nordrand <strong>des</strong> Hakel<br />
muß jedoch, da Wälder für den Nahrungserwerb kaum<br />
geeignet sind, R = 2,85 km (D = 2,02 km) erreichen,<br />
wenn die Agrarflächen 19,63 km2 umfassen sollen<br />
(Abb. 9). Der mittlere Zeit- und Energieaufwand je<br />
Beutetier wäre demnach - entsprechend dem Quotienten<br />
der D-Werte - um 14 % höher als in der offenen<br />
Landschaft.<br />
Eine Reduzierung <strong>des</strong> Nahrungsangebotes um 25 %<br />
könnte in der offenen Landschaft durch Vergrößerung<br />
<strong>des</strong> Aktionsraumes von 19,63 auf 26, 17 km2 (R =<br />
2,89, D = 2,04 km) und folglich eine Zunahme <strong>des</strong><br />
durchschnittlichen Energieaufwan<strong>des</strong> um 15 Prozent<br />
kompensiert werden.<br />
Das Hakel-Paar benötigt jedoch R = 3,25 km (D =<br />
2,30 km), damit die unbewaldeten Flächen 26, 17 km2<br />
einnehmen (Abb. 9), und folglich eine Steigerung <strong>des</strong><br />
Aufwan<strong>des</strong> um 14 Prozent. Der Energiebedarf wäre<br />
dann jedoch 30 % größer als bei der anfänglichen<br />
Standard situation in offenem Gelände.<br />
Die aufgezeigten Relationen gelten für kreisförmige<br />
Aktionsräume. Abweichende, etwa dem<br />
Verlauf <strong>des</strong> Waldran<strong>des</strong> angepaßte Grenzen wären<br />
ebenso wie azentrische Positionen <strong>des</strong> Nistplatzes<br />
mit höheren D-Werten verbunden. Gleichwohl<br />
wird deutlich, daß Brutvögel im Hakel von<br />
einer allgemeinen Verschlechterung <strong>des</strong> Nahrungsangebotes<br />
prinzipiell stärker betroffen werden<br />
als anderenorts siedelnde Rotmilane.<br />
Schwarzmilan<br />
Der Schwarzmilan ist zwischen Oschersleben,<br />
Staßfurt, Hettstedt, Quedlinburg und Halberstadt<br />
wohl seit jeher nur in geringer, oft wechselnder<br />
Anzahl vertreten (vgl. Abb. 10). Die Vorkommen<br />
konzentrieren sich auf den Hakel, dem bereits 1898<br />
(2), 1906 (2), 1909, 1910 und 1927 Gelege für das<br />
Museum Heineanum entnommen wurden (HAEN<br />
SEL & KÖNIG 1974- 199 1). Allerdings hatte KALMUS<br />
noch 1910 »nicht in Erfahrung bringen können«,<br />
ob die Spezies dort brütet, und BORCHERT erwähnte<br />
1927 lediglich einen Nistplatz. In der Agrarlandschaft<br />
siedelte die Art früher nur irregulär,<br />
so 1956 bei Aschersleben (Schierstedter Holz),<br />
1965 nördlich Alikendorf (Meyerweiden) und<br />
1971-1974 im Freckleber Langholz (HERDAM 1967,<br />
KÖNIG 1973 a, 1973 b und 1976, HAENSEL & KÖNIG<br />
1974- 1991,KEIL 1984).<br />
Dem neuerlichen Vordringen in die Agrarlandschaft<br />
entspricht die Bestandsentwicklung um<br />
Aschersleben: Auf einer annähernd 400 Quadratkilometer<br />
umfassenden, fast gänzlich innerhalb<br />
der hier betrachteten Region gelegenen Fläche<br />
zwischen Hedersleben, Güsten, Sandersleben<br />
und Ballenstedt (Abb. 2) wurden 1978 lediglich<br />
drei, 1993 und 1995 aber neun Bruten verzeichnet<br />
(Abb. 10), wobei aber wohl alljährlich einige Paare<br />
unberücksichtigt geblieben sind, weil sie keinen<br />
Nachwuchs hatten oder ihre Nester nicht<br />
zugänglich waren.<br />
In der Agrarlandschaft um Oschersleben, Halberstadt<br />
und Quedlinburg (Abb. 2) siedelten auf<br />
410 Quadratkilometern 1986 zehn oder elf, 1991