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anzeiger des vereins thüringer ornithologen - Verein Thüringer ...

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Die demographischen Konsequenzen der Änderung<br />

von Fortpflanzungsbereitschaft oder -leistung beeinflussen<br />

die Anzahl nistender Paare u. U. wenig und<br />

nur mit beträchtlicher Verzögerung.<br />

Wenn die Entwicklung <strong>des</strong> Brutbestan<strong>des</strong> im<br />

Hakel (Abb. 1) diesen Gesetzmäßigkeiten folgt,<br />

lassen sich mehrere Hypothesen begründen:<br />

Starke, kurzfristige Fluktuationen (S. 43) sind offenbar<br />

durch reguläre Schwankungen <strong>des</strong> Nahrungsangebotes<br />

bedingt (s. auch Abb. 5), nicht aber Ausdruck<br />

wechselnder Populationsgröße.<br />

Die wohl den Rahmen regulärer (stochastischer)<br />

Variation überschreitende Zunahme um 89 Paare von<br />

1966 bis 1979 kann auf eine generelle, drastische<br />

Erhöhung <strong>des</strong> Nahrungsangebotes oder eine Reduktion<br />

der Populationsgröße infolge allgemein verminderter<br />

Fortpflanzungsleistungen zurückgehen.<br />

Ausmaß und Geschwindigkeit <strong>des</strong> zwischen 1979<br />

und 1996 eingetretene Rückganges um 98 Paare sind<br />

relativ groß, weshalb dieser Trend nicht auf Minderungen<br />

der Fruchtbarkeit zurückgeführt werden<br />

kann. Ursache ist demnach wohl eine starke, fortschreitende<br />

Verringerung <strong>des</strong> Nahrungsangebotes, die auch<br />

eine wachsende Tendenz zu Ansiedlungen abseits vom<br />

Hakel bewirkte (S. 43).<br />

Da sich Rotmilane im Harzvorland vornehmlich<br />

von Säugetieren, insbesondere Feldmaus, Feldhase<br />

und Feldhamster ernähren (u. a .. C. STUBBE<br />

1961, WUTTKY 1963 und 1968, GEORGE 1989, M.<br />

STUBBE et al. 1991), verweist das hier entwickelte<br />

Populationsmodell auf eine Steuerung der Dynamik<br />

<strong>des</strong> Hakel-Brutbestan<strong>des</strong> durch die Agrarwirtschaft.<br />

Der Ackerbau zwischen Oschersleben, Staßfurt,<br />

Hettstedt, Quedlinburg und Halberstadt umfaßt<br />

Getreide, Hack- und Ölfrüchte, Futterpflanzen<br />

sowie Gemüse und andere Sonderkulturen. Allerdings<br />

hat sich die Bewirtschaftung seit Mitte <strong>des</strong><br />

20. Jahrhunderts gewandelt. So ermöglichten<br />

nach 1960 die Fusion kleiner Flächen zu ausgedehnten<br />

»Schlageinheiten« und der Gebrauch<br />

moderner, auch die Bodenverdichtung fördernder<br />

Maschinen u. a. die Minderung von Ernteverlusten.<br />

Damit verbunden war eine »Konzentration<br />

auf Getreide und Zuckerrüben bei gleichzeitigem<br />

Rückgang <strong>des</strong> Kartoffel- und Rapsanbaus«<br />

(HAENSEL & KÖNIG 1974- 1991). Die<br />

»drastische Deformation der Fruchtfolgen« (HER­<br />

DAM 1993) wurde ab 1990 beschleunigt durch<br />

beträchtliche Ausweitung der Flächen für Mais,<br />

Wintergetreide und Raps, während die Produktion<br />

von Gemüse, Klee, Luzerne und Feldgräsern<br />

vielerorts völlig erlosch.<br />

Anz. Ver. Thüring. Ornithol. 4 (2000) 51<br />

Die Veränderungen der Agrarstruktur betrafen<br />

u. a. den Feldhamster. Mittlerweile ist die jahrhundertelange<br />

Tradition professioneller Hamsterbekämpfung<br />

erloschen und das Tier bereits so selten,<br />

daß für »hamstergerechtes Bewirtschaften<br />

von Feldern in Sachsen-Anhalt bis zu 1300 DM<br />

Förderrnittel je Hektar gezahlt werden« (GEORGE<br />

1995 b). Die letzte Massenvermehrung erfolgte<br />

offenbar 1988 (NICOLAI 1994). Auf einen »außerordentlichen<br />

Rückgang« , wie er zwischen 1975<br />

und 1985 im Kreis Staßfurt zu beobachten war<br />

(LOTZING 1987), deuten auch Nahrungsanalysen<br />

aus dem Hakel (vgl. Tab. 11): Ein Vergleich der<br />

Perioden 1957-1967 und 1982- 1 989 ergibt, daß<br />

»der Hamsteranteil im Beutespektrum <strong>des</strong> Rotmilans<br />

stark abgenommen hat, welcher durch<br />

Haussäugerreste, die als Abfälle in Dorfnähe und<br />

an Mülldeponien aufgenommen wurden, kompensiert<br />

wird« (M. STUBBE et aI. l991).<br />

WUTTKY et al. meldeten bereits 1982, daß auch<br />

der Feldhase »in den letzten Jahren einer starken<br />

Regression unterworfen« war. Keineswegs ausgeschlossen<br />

erscheint sogar eine Begünstigung<br />

der Feldmaus infolge <strong>des</strong> Hamsterrückganges<br />

(NICOLAI 1994). Die Konsequenzen solcher Prozesse<br />

sind jedoch selten unmittelbar ersichtlich,<br />

weil für Prädatoren nicht die bloße Anwesenheit<br />

von Beutetieren, sondern deren Verfügbarkeit<br />

entscheidend ist. Zudem eröffnet die Lebensweise<br />

<strong>des</strong> Rotmilans vielfältige Möglichkeiten der<br />

Substitution unzulänglicher Nahrungsquellen (s.<br />

0.). Auf Limitierungen durch die Agrarwirtschaft<br />

verweisen z. B. folgende Aspekte:<br />

»Höherer Anteil Hackfrüchte bedeutet geringere<br />

Bodendeckung bis in den Monat Juni hinein. Auch<br />

damit bleiben beispielsweise Kleinsäuger für Greifvögel<br />

und Eulen länger und vor allem während der Jungenaufzucht<br />

verfügbar« (GEORGE 1995 b).<br />

Ungünstig ist die Ausweitung der Anbauflächen<br />

für Winterraps und -getreide; denn »Greifvögel und<br />

Eulen können während der Jungenaufzucht dort keine<br />

Nahrung suchen« (GEORGE 1995 b).<br />

Einschränkungen bewirkt auch das »nahezu vollständige<br />

Erlöschen <strong>des</strong> Anbaus von Klee, Luzerne und<br />

Ackerfuttergemengen auf großen Flächen. Diese<br />

Flächen hatten reiche Vorkommen verschiedener Kleinnager,<br />

darunter <strong>des</strong> Feldhamsters. Ihre hohe Qualität<br />

als Nahrungshabitat für Greifvögel resultierte aber vor<br />

allem daraus, daß für die Bereitstellung von Grünfutter<br />

während der Vegetationszeit nahezu täglich größere<br />

Teilflächen gemäht wurden« (GEORGE 1995 a).<br />

Mit der seit 1991 üblichen » Stillegung« von Agrarflächen<br />

verbindet sich oft der Anbau sogenannter nachwachsender<br />

Rohstoffe, »was sich in der Landschaft<br />

dann meist als zusätzliche Rapsfelder widerspiegelt.

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