Reurbanisierung der Innenstadt 32Zentren befinden, haben moderne (Fach-)Hochschulen dort selten die nötige Platzkapazitätund liegen eher am Innenstadtrand.Insgesamt hat der Wettbewerb der Städte um Angebote in der Hochschul-, Berufs-, Fort- undWeiterbildung zugenommen. Es gilt, die Standorte mit den innenstädtischen Angeboten anKultur, Freizeit und Arbeit zu verknüpfen, insbesondere um für junge Menschen als zukünftigeBewohner und Arbeitnehmer attraktiv zu sein.Die kommunalen Verwaltungen sind heute, abhängig von der jeweiligen Stadtgröße, häufigüber das gesamte Stadtgebiet verteilt, u.a. um für die Bürger ein dezentrales Le<strong>ist</strong>ungsangebotin Verbindung mit kürzeren Wegen vorzuhalten. Die finanzielle Lage der kommunalenHaushalte hat jedoch in den letzten Jahren bundesweit zur Rationalisierung und Konzentrationdes Angebotes an öffentlichen Le<strong>ist</strong>ungen geführt. Dies bringt die Zusammenführungvon Dienstle<strong>ist</strong>ungen an Orten mit einer guten Erreichbarkeit für alle Bürger - dem Zentrum -mit sich. Daher <strong>ist</strong> eine Stärkung der Funktion an öffentlichen Dienstle<strong>ist</strong>ungen in den Zentrenzu beobachten. Die Nutzung und der Erhalt von z.T. h<strong>ist</strong>orischen Verwaltungs- oderSchulgebäuden fördert darüber hinaus die baukulturelle Identität der jeweiligen Innenstadt.FazitDer durch öffentliche Kultureinrichtungen (Museen, Theater, Bibliotheken) geprägte Kultursektorhat sich gewandelt. Im Bereich von Kunst und Kultur entwickelt sich eine stärker differenzierteund schnell ändernde Nachfrage, welcher nicht mehr ausschließlich durch die öffentlichenAngebote entsprochen werden kann.Auch das Freizeitverhalten der Bevölkerung verändert sich kontinuierlich. Heute werden nebendem Einkauf oder der Nutzung von Dienstleitungen im Stadtzentrum vielfältige Freizeitangebotewahrgenommen, die von klassischen Kulturangeboten über Großveranstaltungenund Events bis zum vielfältigen Gastronomieangebot reichen. Eine lebendige Innenstadtatmosphäre,die mit kulturellen Angeboten verbunden <strong>ist</strong>, gilt als Alternative zu den großenFreizeitangeboten an der städtischen Peripherie.Das Angebot von Verwaltungen und Bildungseinrichtungen <strong>ist</strong> eine weitere zentrale Innenstadtfunktion.Das Angebot an Bildungseinrichtungen gilt u.a. als Voraussetzung für dieWohnortwahl von Familien. Vor dem Hintergrund demographischer Prognosen konzentrierensich die Städte verstärkt auf ein umfassendes Bildungsangebot – u.a. mit Hinblick auf dieBindung junger Bürger an die jeweilige Stadt.Ausgangssituation BMVBS-Online-Publikation Nr. 19/2010
Reurbanisierung der Innenstadt 333.5 Tourismus, Beherbergung, GastronomieNeben der baulichen Sanierung und Instandhaltung besteht u.a. die Herausforderung, neueNutzungen und urbanes Leben in den Innenstädten zu konzentrieren. Insgesamt werden Innenstädteheute immer weniger nur zum Einkaufen, als verstärkt zu anderen Zwecken aufgesucht.Der Anteil derjenigen Personen steigt, für die Gastronomie und Kultur die Hauptgründeeines Besuchs darstellen. 44 Die Förderung des Tourismus sowohl als WirtschaftsundBeschäftigungsfaktor als auch hinsichtlich des angestrebten Imagegewinns gilt für vieleStädte als eines der wichtigsten Ziele. 45In den zurückliegenden Jahren hat der Anteil an Kurzurlaubsreisen zugenommen und damitdie Bedeutung der Städtereise. Deutschland etabliert sich zunehmend als attraktive Destinationfür Städtetour<strong>ist</strong>en, begünstigt u.a. durch ein verstärktes Billigflug-Angebot, das auf diesestour<strong>ist</strong>ische Segment ausgerichtet <strong>ist</strong>. Vor allem Großstädte mit einem herausragendenund einzigartigen kulturellen Angebot (z.B. Theaterfestivals, Opernpremieren, Kunst- undMuseumsaustellungen, Musicalaufführungen) verzeichnen deutliche Zuwächse. 46Durch ein erfolgreiches Tourismusmarketing haben sich in vielen Städten positive Effekte fürdie Innenstädte z.B. durch die allgemeine Belebung und Verbesserung des VeranstaltungsundEinzelhandelsangebotes entwickelt. Zu den Voraussetzungen, um den größer werdendenAnteil der Städtereisen und des Wochenendtourismus wirtschaftlich nutzen zu können,gehören u.a. die Zugänglichkeit der jeweiligen Sehenswürdigkeiten, eine gute verkehrlicheErreichbarkeit, (mehrsprachige) Hinweise, kundenfreundliche Öffnungszeiten des Handels,attraktive Übernachtungsmöglichkeiten und vielfältige (Spezialitäten-)Gastronomieangebote.Dabei steht die Tourismuswirtschaft vor großen Herausforderungen: Die Entwicklung einesattraktiven und marktfähigen Angebotsspektrums <strong>ist</strong> darauf auszurichten, möglichst flexibelauf die sich kontinuierlich verändernde Nachfrage reagieren zu können. Hier stehen innovativeAnsätze und die qualitative Ausrichtung (z.B. Zielgruppen, Preissegmente) in direkterVerbindung zu den Angeboten an Beherbergung (z.B. Wellness-, Design-Hotels), Gastronomie(z.B. gehobene Restaurants, Szenelokale) und Handel (z.B. Öffnungszeiten) vor Ort.Zudem erfordert der demographische Wandel perspektivisch Angebotsanpassungen. Diesbedeutet nicht nur ältere Gäste und Kunden, deren Wünsche und Bedürfnisse die Brancheerfüllen muss, sondern ggf. auch ältere und weniger Arbeitskräfte. 4744454647vgl.: „Die Innenstadt muss Liebe wecken“, Immobilien Zeitung Nr. 25 (25.6.09), S. 9: Passantenbefragungenin Nürnberg haben ergeben, dass 1988 72% an einem Samstag die Nürnberger Innenstadt zum Einkaufenbesuchten, im Jahr 2005 waren dies 49% und der Anteil derjenigen, die wegen Gastronomie (14%, 1988:5%) und als Tour<strong>ist</strong> (10%, 1988: 0%) in die Stadt gekommen waren, <strong>ist</strong> wesentlich gestiegen.vgl.: Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V., www.dihk.de (Juni 2010):Der Tourismus <strong>ist</strong> in Deutschland einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren und gewinnt hinsichtlich seinerBeschäftigungseffekte weiter an Bedeutung. Etwa 2,8 Millionen Menschen sind in den unmittelbar und mittelbardurch den Tourismus bestimmten Bereichen beschäftigt. Die Zahl der Gästeübernachtungen <strong>ist</strong> in denletzten Jahren tendenziell steigend, vor allem von ausländischen Gästen. Allgemein wird die Tourismusbrancheneben der Biotechnologie und dem IT-Sektor als Leitökonomie des 21. Jahrhunderts bezeichnet.Neue Prognosen zeigen, dass die gesamte Tourismusbranche von 2006 bis 2015 ein reales Wachstum von4,6 % pro Jahr verzeichnen wird.vgl. Städtetourismus und Städtemarketing, Untersuchung zur Marktausrichtung und Innovationskraft der 34größten deutschen Städte, Ulysses-Web-Tourismus (Studie 2004), www.web-tourismus.devgl.: IHK und Tourismus – Analysen, Aktionen, Ausblicke, Hrsg.: Deutscher Industrie- und Handelskammertage.V., DIHK Berlin, 11.3.2009Ausgangssituation BMVBS-Online-Publikation Nr. 19/2010