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Katalog LET'S CEE Film Festival 2015

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SPIELFILM-<br />

WETTBEWERB<br />

Feature <strong>Film</strong> Competition<br />

Tomasz Raczek<br />

Kurator für den Spielfilm-Wettbewerb<br />

Curator of the Feature <strong>Film</strong> Competition<br />

FOTO: ADAM HARRY CHARUK<br />

Europa stöhnt unter der Last der aus dem Nahen Osten kommenden Flüchtlingswelle. Wie<br />

werden sich die Neuankömmlinge auf den alten Kontinent auswirken? In welchem Ausmaß<br />

werden sie seine Politik, Wirtschaft oder Mentalität beeinflussen? Werden sie ihn stärken<br />

oder schwächen? Was werden sie in uns wecken? Engel? Oder doch Dämonen? Eine eindeutige<br />

Antwort gibt es wohl auf keine dieser Fragen, schon aus dem Grund nicht, da die<br />

Stimmung generell schwankt und Meinungen sich über Nacht (ins Gegenteil) verkehren<br />

können. Schon ein belangloses Ereignis kann eine Welle von Wut oder Mitgefühl in der<br />

Gesellschaft auslösen. Wir verlieren uns in unseren Emotionen. Wie sollen wir die bei uns<br />

ankommenden Menschen richtig einschätzen können? Sie brauchen dringend Hilfe, und<br />

wir brauchen die auch, nämlich um zu erkennen, was in uns schlecht und was gut ist, was<br />

es wert ist, darauf zu beharren und was wir bei sich nächst bietender Gelegenheit verändern<br />

sollten. Die diesjährigen <strong>Film</strong>e des LET’S <strong>CEE</strong> Spielfilm-Wettbewerbs vermögen es uns<br />

bei diesem mühsamen Prozess zu helfen. Der kroatische <strong>Film</strong> The High Sun oder die aserbaidschanische<br />

Produktion Nabat erinnern nicht nur daran, wie tödlich der Krieg sein kann,<br />

sondern auch daran, wie er die menschliche Psyche zerstört. Die rumänischen Produktionen<br />

Aferim! und Box zeigen, dass selbst in friedlichen Zeiten Rassismus sowie ungünstige<br />

Schicksalsfügungen jemandes Erfolgschancen endgültig vernichten können. Im Kampf um<br />

uns selbst müssen wir manchmal Hindernisse überwinden, wozu uns oft die Kraft zu fehlen<br />

scheint. Dann kommt uns die Aufgabe unlösbar vor, und doch macht dies unsere Bestrebungen<br />

nicht zwecklos. Auch wenn sich die ganze Welt vor unseren Augen kompromittier -<br />

te, so sollten wir dabei bleiben, was wir als Regung des Anstands und manchmal sogar des<br />

Instinkts bezeichnen würden. Daran erinnern uns besonders folgende <strong>Film</strong>e: The Fool aus<br />

Russland, Drawers aus der Türkei, You Carry Me aus Kroatien und No One’s Child aus Serbien.<br />

Zum Schluss eine wichtige Mahnung: Was auch immer mit uns geschehen mag, vergessen<br />

wir nicht zu lächeln und Dinge aus der Distanz zu betrachten; und dass wir letztendlich<br />

nicht imstande sind, sämtliche Lebenskrisen alleine zu bewältigen. Manchmal muss man<br />

sich nun mal einfach mit dem Unabwendbaren oder Unmöglichen abfinden. Es zahlt sich<br />

aber aus, dies mit Würde zu tun, um aus gewissen Situationen Kraft zu schöpfen und nicht<br />

an ihnen zu verzweifeln. Wie das geht, zeigen der polnische <strong>Film</strong> Body, der ungarische Liza,<br />

The Fox-Fairy und der tschechische The Snake Brothers. Unterschiedliche Weltanschauungen<br />

– die gleiche Sorge ums menschliche Dasein. <strong>Film</strong>e aus Mittel- und Osteuropa können<br />

einfach nicht enttäuschen!<br />

Europe groans under the weight of the wave of refugees coming from the Middle East.<br />

What kind of changes will the newcomers bring to the old continent? How much will<br />

they influence politics, the economy and European mentality? Will they weaken our<br />

continent or strengthen it? What will they awaken in us – angels, or demons? There is<br />

probably no clear answer to any of these questions, if only because already unsteady<br />

moods and opinions can swing abruptly overnight. Even the most trivial occurrences<br />

have the power to provoke feelings of anger, or of compassion within society. We lose<br />

ourselves in our emotions. How do we properly prepare to assess the masses of people<br />

arriving? They need help, and we need help too, namely with our self-awareness,<br />

someone to tell us what is bad and what is good about ourselves. What is worth insisting<br />

on and what must we alter at the earliest opportunity? The films running in the Feature<br />

<strong>Film</strong> Competition of this year’s LET’S <strong>CEE</strong> <strong>Film</strong> <strong>Festival</strong> might help us through this difficult<br />

process. The Croatian film The High Sun and the Azerbaijani documentary Nabat not<br />

only remind us of war’s deadly work, but especially of the mental destruction inflicted<br />

on human beings. On the other hand Aferim! and Box from Romania, demonstrate how<br />

racial discrimination combined with bad luck can completely ruin someone’s chances<br />

of success, even in peaceful times. In our personal struggles we must sometimes overcome<br />

obstacles, which seemed beyond our abilities. A task or a problem might seem<br />

unsolvable at first, but that does not make our efforts useless, or leave us without any<br />

possibilities. If the entire world compromised itself before our eyes, we should still maintain<br />

a sense of decency, or human instinct. The Fool from Russia, Drawers from Turkey,<br />

You Carry Me from Croatia and No One’s Child from Serbia are films that remind us of<br />

exactly this. Finally, an important point: Whatever happens to us, we should not forget<br />

to smile, to distance ourselves, and recognise that we cannot in fact cope with all of life’s<br />

crises on our own. Sometimes we have to accept what is irreparable or inevitable. Hence<br />

we should act honorably, draw strength from some situations, and not despair. How to<br />

do that is demonstrated in the Polish film Body, the Hungarian Liza, The Fox-Fairy and<br />

the Czech The Snake Brothers. Different worldviews, with the same concerns about the<br />

human condition. <strong>Film</strong>s from Central and Eastern Europe rarely disappoint.<br />

Spielfilm-Wettbewerb 51

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