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ANK_Jugendliche_Schule_Beruf2008.18878.pdf - Die Senatorin für ...

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Michael Galuske ❘ Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen<br />

3 <strong>Die</strong> Pädagogik der Hartz-Gesetze – über den<br />

aktivierenden Umgang mit Jugendarbeitslosigkeit<br />

3.1 Arbeitslosigkeit und (Sozial-)<br />

Pädagogik – eine Vorbemerkung<br />

Obwohl Arbeitslosigkeit ohne Zweifel in erster<br />

Linie ein ökonomisch bedingtes Problem war<br />

und ist, wurde sie zu keiner Zeit als rein ökonomisches<br />

Phänomen wahrgenommen und<br />

bearbeitet. Wenn von Arbeitslosigkeit die Rede<br />

ist, so schwingt in öffentlichen und politischen<br />

Diskursen immer die Sorge um die Stabilität<br />

der gesellschaftlichen Ordnung und um die<br />

Akzeptanz des um Arbeit zentrierten Lebensund<br />

Normalitätsentwurfs mit. Arbeitslosigkeit<br />

zerstört nicht nur die materielle Basis selbständiger<br />

Lebensführung, Arbeitslosigkeit ist<br />

verweigerte gesellschaftliche Anerkennung,<br />

Ausweis fehlender gesellschaftlicher Nützlichkeit,<br />

aber auch Verdachtsmoment im Hinblick<br />

auf fehlende Motivation und/oder Qualifikation<br />

des Betroffenen. Es ist deshalb naheliegend,<br />

dass die gesellschaftlichen Reaktionen auf<br />

Arbeitslosigkeit in modernen Arbeitsgesellschaften<br />

1 mehr umfassen, als die basale Absicherung<br />

der materiellen Risiken, zumal die<br />

finanzielle Sicherung des Risikos Arbeitslosigkeit<br />

immer unter dem Verdacht stand und<br />

steht, eine ›Hängemattenmentalität‹ zu erzeugen<br />

und den ›Willen zur Selbständigkeit‹ der<br />

Betroffenen zu schwächen. <strong>Die</strong>s gilt verstärkt<br />

bei jugendlichen Arbeitslosen, die gerade erst<br />

dabei sind, ihren arbeitsgesellschaftlichen<br />

Habitus (›arbeite, um zu leben, arbeite mehr,<br />

um besser zu leben‹) auszubilden.<br />

Es ist deshalb naheliegend, dass Arbeitslosigkeit<br />

und insbesondere Jugendarbeitslosigkeit<br />

immer auch zum Gegenstand (sozial-)<br />

pädagogischer Bemühungen wurde und wird.<br />

Schon der 40. Deutsche Fürsorgetag in<br />

Hamburg 1927 widmete sich dem Thema der<br />

Arbeits<strong>für</strong>sorge ›als Gesamtheit der Maßnahmen,<br />

die Erwerbsschwachen entweder<br />

Fürsorge in Gestalt von Arbeitsmöglichkeiten<br />

gewähren oder sie zu selbständigen Arbeitsleistungen<br />

zu befähigen sucht‹ 2 , mit dem<br />

Ziel ›berufsfähige Personen wieder in die Wirtschaft<br />

einzugliedern‹ 3 .<br />

Besonderes Augenmerk legt die Arbeits<strong>für</strong>sorge<br />

auf Hilfen <strong>für</strong> berufsschwache <strong>Jugendliche</strong><br />

aus Hilfs- und Volksschulen, die zur ›Schlüssel<strong>für</strong>sorge<br />

<strong>für</strong> die gesamte Arbeit an der schulentlassenen<br />

gefährdeten Jugend‹ 4 erklärt<br />

wurde. <strong>Die</strong> in der Weimarer Republik entwickelte<br />

Palette an schulischen und außerschulischen<br />

Bildungs- und Arbeits›angeboten‹<br />

ist quasi die Geburtsstunde der – in modernen<br />

Worten gesprochen – Jugendberufshilfe als<br />

Teilbereich der Jugendsozialarbeit, die sich<br />

vor allem seit der Nachkriegszeit und im<br />

Gefolge der Massenarbeitslosigkeit ab den<br />

1970er Jahren zu einem ausdifferenzierten<br />

System beratender, berufsvorbereitender und<br />

(aus-)bildender und beschäftigungsorientierter<br />

Hilfen entwickelt hat. 5<br />

1 ›Eine Arbeitsgesellschaft ist eine Gesellschaft, in der soziale<br />

Zugehörigkeit wesentlich daran geknüpft ist, dass man seinen<br />

Arbeitsbeitrag leistet. Wir leben in einer Arbeitsgesellschaft.<br />

Das Recht auf soziale Zugehörigkeit nimmt bei uns die Form<br />

eines Rechtes auf Arbeit an.‹ Krebs, A. (2002): Arbeit und<br />

Liebe. <strong>Die</strong> philosophischen Grundlagen sozialer Gerechtigkeit,<br />

S. 18.<br />

2 Wunderlich 1927, zitiert nach Hermanns, M. (2001): Ursprünge<br />

der Jugendsozialarbeit in der Weimarer Republik, S. 30;<br />

in: Fülbier, P./Münchmeier, R. (Hrsg.): Handbuch Jugendsozialarbeit,<br />

Band 1.<br />

3 Ebenda, S. 30.<br />

4 Ebenda, S. 30.<br />

5 Vgl. Galuske, M. (1993): Das Orientierungsdilemma.<br />

Jugendberufshilfe, sozialpädagogische Selbstvergewisserung<br />

und die modernisierte Arbeitsgesellschaft.<br />

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