ANK_Jugendliche_Schule_Beruf2008.18878.pdf - Die Senatorin für ...
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sind. 32 <strong>Die</strong> Bildungspolitik in dieser Sphäre,<br />
sofern man von einer solchen überhaupt<br />
sprechen kann, ist ausschließlich reaktiv, das<br />
heißt, es werden auf Basis des alljährlichen,<br />
unkalkulierten Bewerber/innen-Überhangs in<br />
den verschiedenen Sektoren des Übergangssystems<br />
– den schulischen wie den durch freie<br />
Träger getragenen – Kapazitäten bereitgestellt,<br />
um die unversorgten <strong>Jugendliche</strong>n ›vom<br />
Markt zu nehmen‹. Infolgedessen ist das Übergangssystem<br />
›faktisch zum Ausdehnungsraum<br />
<strong>für</strong> den Nachfrageüberhang nach betrieblichen<br />
Ausbildungsplätzen geworden‹. 33 <strong>Die</strong> Hauptträgerschaft<br />
teilen sich die diversen Schultypen<br />
vor Ort und freie Träger, die überwiegend<br />
durch Mittel der Arbeitsagentur finanziert<br />
werden. Da alljährlich die Mär vom ausgeglichenen<br />
Ausbildungsmarkt gesungen wird, die<br />
Matchingprozesse in einem freien Markt auch<br />
kaum steuer- und planbar sind, verläuft dieser<br />
Bereitstellungsprozess notwendigerweise<br />
mehr oder weniger spontan. Das heißt, es<br />
zeigt sich erst nach Beginn des Ausbildungsjahres<br />
im September, welchen Übergangsbedarf<br />
eine Region wie Bremen hat, was dazu<br />
führt, dass entweder in guten Ausbildungsjahren<br />
vorgehaltene Kapazitäten frei bleiben (und<br />
Bildungsträger Personal freisetzen müssen)<br />
oder aber nicht vorhandene Kapazitäten noch<br />
schnell aus dem Boden gestampft werden<br />
müssen – was in der Regel nicht zielgerichtet<br />
geschehen kann und mit den entsprechenden<br />
qualitativen Abstrichen verbunden ist. Verschärft<br />
wurde diese Tatsache durch die<br />
Umstellung der Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit auf<br />
das Instrument des zentralen Einkaufs von<br />
Maßnahmen, der eine längerfristige Planbarkeit<br />
der Zusammenarbeit mit regionalen<br />
Trägern massiv erschwert hat. 34<br />
Im Prinzip gibt es kein bildungspolitisches<br />
und daraus resultierendes pädagogisches<br />
Konzept <strong>für</strong> den Bereich des Übergangssystems.<br />
35 Angebot schaffen, unterbringen,<br />
Statistik bereinigen lautet die Devise: Man hat<br />
das Übergangssystem mit der Jugendberufsnot<br />
einfach wachsen lassen und es in relativer<br />
Strukturlosigkeit belassen. Das führt dazu,<br />
dass mit nahezu jeder Änderung der Förderstrukturen,<br />
gleichgültig ob diese schulisch<br />
(Landesebene) oder außerschulisch (Arbeitsagentur-Ebene)<br />
stattfindet, sich auch die<br />
Instrumente des Übergangssystems ändern.<br />
Eine Reduzierung der Maßnahmeangebote der<br />
Arbeitsagentur beispielsweise führt – wie in<br />
den letzten Jahren geschehen – zu einem notwendigen<br />
Ausbau der schulischen Angebote,<br />
ohne dass die <strong>Schule</strong>n auf diese Anforderung<br />
von der Kapazität her, geschweige denn konzeptionell<br />
oder fachlich wirklich darauf eingestellt<br />
wären. 36 <strong>Die</strong> wenigsten Lehrer/innen,<br />
Berufsschulen einmal ausgenommen, besitzen<br />
ausgeprägte Fachkenntnisse in Berufsorientierung<br />
oder können berufsfachliche Grundbildung<br />
vermitteln. 37 <strong>Die</strong> betrieblichen Kontakte<br />
sind hier zudem vielfach noch sehr rudimentär.<br />
32 Vgl. Bosch, Gerhard (2008): Herausforderungen <strong>für</strong> das deutsche<br />
Berufsbildungssystem, S. 54; in: Zimmer, Gerhard/<br />
Dehnbostel, Peter (Hrsg.): Berufsausbildung in der Entwicklung –<br />
Positionen und Leitlinien. Duales System,schulische Ausbildung,<br />
Übergangssystem, Modularisierung, Europäisierung.<br />
33 Vgl. Dobischat, Rolf/Milolaza, Anita/Stender, Axel (2008):<br />
Vollzeitschulische Berufsausbildung – eine gleichwertige<br />
Alternative zur dualen Berufsausbildung, S. 129; in: Zimmer,<br />
Gerhard/Dehnbostel, Peter (Hrsg.): a.a.O.<br />
34 Vgl. Kühnlein, Gertrud (2008): Das berufliche Übergangssystem:<br />
Neues kommunales Handlungsfeld im Dreieck von Arbeitsmarkt-,<br />
Bildungs- und Jugendpolitik, S. 54; in: BWP 1/2008.<br />
35 Vgl. Molzberger, Gabriele (2008): Differenzielle Qualifizierungswege<br />
– neue Perspektiven <strong>für</strong> sozial benachteiligte junge Menschen,<br />
S. 156; in: Zimmer, Gerhard/Dehnbostel, Peter (Hrsg.):<br />
a.a.O. und Bojanowski, Arnulf (2006): Umriss einer beruflichen<br />
Förderpädagogik. Systematisierungsvorschlag zu einer Pädagogik<br />
<strong>für</strong> benachteiligte <strong>Jugendliche</strong>, S. 330-362; in: Bojanowski,<br />
Arnulf/Ratschinski, Günter/Straßer, Peter (Hrsg.): <strong>Die</strong>sseits<br />
vom Abseits, Studien zur beruflichen Benachteiligtenförderung.<br />
36 Vgl. Dobischat, Rolf/Milolaza, Anita/Stender, Axel (2008):<br />
a.a.O., S. 147 und Kampmeier, Anke u.a. (2008): Das Miteinander<br />
fördern, Ansätze <strong>für</strong> eine professionelle Benachteiligtenförderung,<br />
S. 7.<br />
37 Vgl. Walter, Sibylle/Walther, Andreas (2007): ›Context matters‹:<br />
Anforderungen, Risiken und Spielräume im deutschen Übergangssystem,<br />
S. 74; in: Stauber, Barbara/Pohl, Axel/Walther,<br />
Andreas (Hrsg.): Subjektorientierte Übergangsforschung,<br />
Rekonstruktion und Unterstützung biografischer Übergänge<br />
junger Erwachsener.<br />
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