ANK_Jugendliche_Schule_Beruf2008.18878.pdf - Die Senatorin für ...
ANK_Jugendliche_Schule_Beruf2008.18878.pdf - Die Senatorin für ...
ANK_Jugendliche_Schule_Beruf2008.18878.pdf - Die Senatorin für ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Ein mit entsprechender Macht ausgestatteter<br />
Fachmann diagnostiziert und klassifiziert einen<br />
›Laien‹ auf der Basis einer (standardisierten)<br />
Anamnese, ein Modell, das in der Sozialen<br />
Arbeit in den letzten Jahren zwar wieder an<br />
Popularität gewonnen hat, sich gleichwohl der<br />
fachlichen Kritik aussetzen muss, dass die<br />
Entwicklung tragfähiger Hilfebeziehungen in<br />
psychosozialen Unterstützungsprozessen<br />
einer gemeinsam erarbeiteten und getragenen<br />
Problemdefinition bedarf – in Abgrenzung<br />
etwa zu ärztlichen Diagnosen, die selten das<br />
Produkt der Aushandlung von Patient und Arzt<br />
sind. Im vorliegenden Fall sind die Machtverhältnisse<br />
klar: Der persönliche Ansprechpartner<br />
besitzt die Definitionsmacht. 35<br />
Zu 2.:<br />
Ist der Kunde in seine Gruppe eingeordnet,<br />
so erfolgt der zweite Schritt, der Abschluss<br />
einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15<br />
SGB II, in der auf der Basis des Profilings<br />
Leistungen und Forderungen an den Kunden<br />
festgehalten werden. <strong>Die</strong> Eingliederungsvereinbarung<br />
wird <strong>für</strong> sechs Monate geschlossen<br />
und danach gegebenenfalls erneuert. Sie<br />
umfasst Leistungen der BA, Pflichten des Kunden<br />
und gegebenenfalls auch Hinweise auf<br />
Schadensersatzforderungen bei nicht Beenden<br />
einer vereinbarten Leistung (§ 15 Absatz 3<br />
SGB II). Der sich schon im Profiling andeutende<br />
hoheitliche Charakter der ›Beratung‹ im<br />
SGB II bestätigt sich hinsichtlich der Eingliederungsvereinbarung,<br />
die im Falle des Widerstands<br />
des Kunden von der BA als Verwaltungsakt<br />
erlassen werden kann und <strong>für</strong> den<br />
Kunden verbindlich ist – insofern er wert<br />
darauf legt beziehungsweise angewiesen ist<br />
auf eine weitere (finanzielle) Unterstützung.<br />
Doch welche fördernden Leistungen<br />
offeriert SGB II <strong>für</strong> die <strong>Jugendliche</strong>n und Heranwachsenden?<br />
In der Tat ist zu belegen, dass<br />
<strong>Jugendliche</strong>n und Heranwachsenden die Segnungen<br />
der Hartz-Gesetze in ganz besonderer<br />
Weise zuteilwerden. So lag die Arbeitslosenquote<br />
bei den unter 24-Jährigen im September<br />
2007 bei 8,8 Prozent, ihr Anteil bei den Nutzerinnen<br />
und Nutzern arbeitsmarktpolitischer<br />
Maßnahmen liegt hingegen bei 24,5 Prozent. 36<br />
Mithin richtet sich jede vierte arbeitsmarktpolitische<br />
Maßnahme an <strong>Jugendliche</strong> und Heran-<br />
wachsende. Dem entspricht, dass 2007 die<br />
Aktivierungsquote bei 15- bis 24-Jährigen mit<br />
38,5 Prozent deutlich höher lag als im<br />
Durchschnitt aller erwerbsfähiger Hilfebedürftiger,<br />
der bei 22,7 Prozent lag.<br />
In Bezug auf die Frage, in welche Maßnahmen<br />
<strong>Jugendliche</strong> vermittelt werden, stellt<br />
Senius von der BA fest: ›<strong>Die</strong> Förderstruktur,<br />
der Maßnahmenmix, liegt in der Verantwortung<br />
der ARGE vor Ort. Von den 160.000 <strong>Jugendliche</strong>n,<br />
die sich im Juni 2006 in Maßnahmen<br />
aktiver Arbeitsmarktpolitik befanden, waren<br />
mehr als ein Drittel in Arbeitsgelegenheiten,<br />
ein weiterer hoher Anteil betraf Maßnahmen im<br />
Bereich der sonstigen Leistungen (22 Prozent),<br />
Maßnahmen der Berufsberatung und<br />
Förderung der Ausbildung (15 Prozent), Maßnahmen<br />
zur Verbesserung auf dem ersten<br />
Arbeitsmarkt (18 Prozent), Einstiegsgeld und<br />
Eingliederungszuschüsse (8 Prozent). <strong>Die</strong><br />
Struktur des Angebots spiegelt die Struktur<br />
der Leistungsempfänger unter 25 Jahren im<br />
SGB II wider. Ein Großteil der Klienten ist<br />
demnach nicht ausbildungsreif und auch nicht<br />
direkt in den ersten Arbeitsmarkt integrierbar.‹<br />
37 Unabhängig von der letzten Feststellung,<br />
die quasi im Umkehrschluss die Rationalität<br />
des Verfahrens und die Logik der Maßnahmezuweisung<br />
legitimiert, ist zunächst einmal<br />
festzuhalten, dass das bevorzugte Instrument<br />
der Förderung von <strong>Jugendliche</strong>n und Heranwachsenden<br />
die Arbeitsgelegenheiten – im<br />
Volksmund Ein-Euro-Jobs genannt – sind, was<br />
schon überrascht, da diese vom Gesetzgeber<br />
eher als letztes Mittel der Wahl vorgesehen<br />
waren.<br />
35 Nach dem derzeit diskutierten Referentenentwurf zur Neuausrichtung<br />
der arbeitsmarktpolitischen Instrumente soll das<br />
Verfahren des Profilings und der Eingliederungsvereinbarung<br />
demnächst auch im Rechtskreis des SGB III verbindlich werden.<br />
Vgl. Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit (13.06.2008):<br />
Stellungnahme Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuausrichtung<br />
der arbeitsmarktpolitischen Instrumente – Stellungnahme<br />
zum Gesetzentwurf, insbesondere zu den wesentlichen Neuregelungen<br />
<strong>für</strong> <strong>Jugendliche</strong> im SGB II und SGB III, 13.06.2008.<br />
36 Vgl. Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit (2008): a.a.O., S. 45.<br />
37 Senius, K. (2007): Hartz IV und die Arbeit mit <strong>Jugendliche</strong>n unter<br />
25, S. 10; in: Friedrich-Ebert-Stiftung: Jugendarbeitslosigkeit:<br />
<strong>Jugendliche</strong> und Hartz IV: Was macht das Fördern?<br />
57