Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
40<br />
Malermeister Mülheim. Daß sie nicht von Houston, sondern vom Dach des Kölner Dom-Hotels<br />
aus auf dem Mond landeten, daran ist allein der Schabau schuld. Während der Flöckmann am<br />
5. August 1909 auf dem Dach nach dem Eintreßen des Zeppelin Ausschau halten soll, genehmigt<br />
er sich einen Steinhänger nach dem anderen. Und er sagt: „Man möd fliege künne."<br />
Das hat er davon: er schläft, vom Schabau<br />
überwältigt, ein, und Im Traum wachsen ihm<br />
Flügel. Und Ist bald der erste Mann auf dem<br />
Mond. Hier sieht er (schon 1909!) die uns<br />
nun bekannten Felsen und Krater, untersucht<br />
den Boden nach Mondstaub (verheimlicht<br />
uns, daß er nur Bühnenstaub findet) und<br />
lernt — urkomisch — Känguruh-Schritte ma<br />
chen.<br />
Bald bekommt er Gesellschaft, zum Beispiel<br />
den von seiner Braut verlassenen Malermei<br />
ster Mülheim. Statt 50 Kilo Mond einzusam<br />
meln, suchen sie nach einer Wirtschaft. Als sie<br />
keine finden, fangen sie an zu kriechen und<br />
singen: „Ich möch zu Foß nach Kölle gon".<br />
Natürlich entfalten sie vorher eine Flagge mit<br />
den Farben der Stadt Köln und lassen das<br />
Transparent „Demnächst hier Kölsch" zu<br />
rück. Übrigens erstrahlt die Erde — vom Mond<br />
aus gesehen — in vollem Glanz. Was ist auf<br />
der Erde zu sehen? Natürlich nur der Kölner<br />
Dom. Soviel Lokalpatriotlsmus rührt jedes<br />
kölsche Herz.<br />
Im übrigen erzählt das Divertissementchen<br />
dieselben Geschichten um die historische An<br />
kunft des Zeppelins, um die Werbung hoch<br />
gestellter Bürger um die reiche Witwe Minna<br />
Müller und von der Liaison zwischen dem<br />
Grafen Horst-Heinz ZItta Delle und dem Stu<br />
benmädchen Anna-Maria vom Dom-Hotel, wie<br />
im Spillsche, das schon 1961, allerdings ohne<br />
„noch ens" über die Bühne ging.<br />
Graf prellte seine Mutter<br />
<strong>Der</strong> junge Graf will Frelfräuleln Kunigunde<br />
nicht heiraten und prellt seine Mutter um<br />
50 000 Mark. Das hübsche Sümmchen schafft<br />
es, die alte Gräfin muß ihre Einwilligung ge<br />
ben, und während der Zeppelin wirklich kütt<br />
und eine Schleife um den Dom macht, fällt<br />
ganz Köln in ein tausendfaches „Kölle alaaf"<br />
ein. Ein Happy-End wie man noch keins sah.<br />
Nur der Malermeister Mülheim geht leer aus,<br />
aber Peter Flöckmann hat den Zeppelin ge<br />
wiß mit einem Dutzend Steinhäger begrüßt.<br />
Gelungene Massenszenen<br />
Klaus Rohrs Inszenierung hat wieder Farbe.<br />
Auch die Massenszenen gelingen. In dieser<br />
neuen Fassung hat die Zeppelin-Mond-Revue<br />
noch gewonnen. Ein Hauptclou Ist wieder<br />
Christoph Klövers musikalisches Arrangement.<br />
Wie feierliche<br />
RIchard-Wagner-Klänge aus<br />
dem „Ring" das Divertissementchen eröffnen<br />
und gleich In „Goch, wat wer dat früher schön<br />
doch In Colonia" übergehen, das ist schon<br />
umwerfend komisch. Was von Bach bis Beat<br />
über Mozart, Beethoven, Lehär, My Fair La<br />
dy, Treuer Husar, Kütt erop und Guter Mond,<br />
du gehst so stille — die Opern-Parodien nicht<br />
zu vergessen —, da aufs köstlichste Merj"-<br />
beitet wurde, ist für jeden, der das Arrarl<br />
ment verfolgen kann, ein himmlischer S[yai5.<br />
Das Orchester der Cäcilla Wolkenburg war<br />
unter Klövers Leitung auf Draht.<br />
Und dann wieder das unbezahlbare Männer<br />
ballett! Soviel Schönheit auf einmal (oh, diese<br />
WadenI) Ist schwer zu verkraften. Dazu die<br />
Präzision etwa im Sternjungfernballett mit<br />
Spitzenhöschen auf dem Mondl Da wackeln<br />
die Wände. Choreograph Peter Schnitzler<br />
kennt sein Metier. Venus und Mars geben ein<br />
Gastspiel auf dem Mond. Das will gesehen<br />
werden.<br />
Glänzende Ensemblelelstung. Vorzügliche der<br />
Chor (Karl Schmitt). Unter den Solisten spiel<br />
ten und sangen sich nicht wenige Ins Herz<br />
des beifallsfreudigen Premierenpublikums. Al<br />
len voran Michael Goeb. Sein Flöckmann Ist<br />
bühnenreif. Sagt er: „In Bonn passiert nie<br />
jeti", dann freuen sich die Kölsche. Maler<br />
meister Mülheim hat Liebeskummer. Darum<br />
muß ein Tenor heran. Albert Krautz singt das<br />
verfremdete Wolgalied mit schönem Schmelz<br />
und herzerweichend. Horst Massau singt<br />
wieder den Grafen Horst-Heinz (1961 war er<br />
allerdings noch ein Student namens Pi^<br />
Sein einschmeichelnder Barlton hat nochf<br />
Ausdruck gewonnen.<br />
Als Justizrat Palm geht Karl-Heinz Sieber beim<br />
Wettsingen um die reiche Minna wieder als<br />
Sieger hervor. Hans-Georg Spohr ist aber<br />
auch eine herzenstötende Minna. Wilhelm<br />
Schmidts Sopran läßt manche Diva erblei<br />
chen. Sein Stubenmädchen Anna-Maria sollte<br />
bei keinem Mozart-Festival fehlen.<br />
Kunigunde Im Baß<br />
Günter Roggendorfs Kunigunde fällt zuweilen<br />
In einen tiefen Baß. Aber solche Frelfräulelns<br />
von <strong>Der</strong>bacherav soll es ja geben. Rudolf<br />
Wingenfelds Gräfin Zitta Delle — eine komi<br />
sche Alte wie eh und je. Sehenswert noch Edu<br />
ard Plum als Edgar von Platzappell — die