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Der Burgbote 1971 (Jahrgang 51)

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Malermeister Mülheim. Daß sie nicht von Houston, sondern vom Dach des Kölner Dom-Hotels<br />

aus auf dem Mond landeten, daran ist allein der Schabau schuld. Während der Flöckmann am<br />

5. August 1909 auf dem Dach nach dem Eintreßen des Zeppelin Ausschau halten soll, genehmigt<br />

er sich einen Steinhänger nach dem anderen. Und er sagt: „Man möd fliege künne."<br />

Das hat er davon: er schläft, vom Schabau<br />

überwältigt, ein, und Im Traum wachsen ihm<br />

Flügel. Und Ist bald der erste Mann auf dem<br />

Mond. Hier sieht er (schon 1909!) die uns<br />

nun bekannten Felsen und Krater, untersucht<br />

den Boden nach Mondstaub (verheimlicht<br />

uns, daß er nur Bühnenstaub findet) und<br />

lernt — urkomisch — Känguruh-Schritte ma<br />

chen.<br />

Bald bekommt er Gesellschaft, zum Beispiel<br />

den von seiner Braut verlassenen Malermei<br />

ster Mülheim. Statt 50 Kilo Mond einzusam<br />

meln, suchen sie nach einer Wirtschaft. Als sie<br />

keine finden, fangen sie an zu kriechen und<br />

singen: „Ich möch zu Foß nach Kölle gon".<br />

Natürlich entfalten sie vorher eine Flagge mit<br />

den Farben der Stadt Köln und lassen das<br />

Transparent „Demnächst hier Kölsch" zu<br />

rück. Übrigens erstrahlt die Erde — vom Mond<br />

aus gesehen — in vollem Glanz. Was ist auf<br />

der Erde zu sehen? Natürlich nur der Kölner<br />

Dom. Soviel Lokalpatriotlsmus rührt jedes<br />

kölsche Herz.<br />

Im übrigen erzählt das Divertissementchen<br />

dieselben Geschichten um die historische An<br />

kunft des Zeppelins, um die Werbung hoch<br />

gestellter Bürger um die reiche Witwe Minna<br />

Müller und von der Liaison zwischen dem<br />

Grafen Horst-Heinz ZItta Delle und dem Stu<br />

benmädchen Anna-Maria vom Dom-Hotel, wie<br />

im Spillsche, das schon 1961, allerdings ohne<br />

„noch ens" über die Bühne ging.<br />

Graf prellte seine Mutter<br />

<strong>Der</strong> junge Graf will Frelfräuleln Kunigunde<br />

nicht heiraten und prellt seine Mutter um<br />

50 000 Mark. Das hübsche Sümmchen schafft<br />

es, die alte Gräfin muß ihre Einwilligung ge<br />

ben, und während der Zeppelin wirklich kütt<br />

und eine Schleife um den Dom macht, fällt<br />

ganz Köln in ein tausendfaches „Kölle alaaf"<br />

ein. Ein Happy-End wie man noch keins sah.<br />

Nur der Malermeister Mülheim geht leer aus,<br />

aber Peter Flöckmann hat den Zeppelin ge<br />

wiß mit einem Dutzend Steinhäger begrüßt.<br />

Gelungene Massenszenen<br />

Klaus Rohrs Inszenierung hat wieder Farbe.<br />

Auch die Massenszenen gelingen. In dieser<br />

neuen Fassung hat die Zeppelin-Mond-Revue<br />

noch gewonnen. Ein Hauptclou Ist wieder<br />

Christoph Klövers musikalisches Arrangement.<br />

Wie feierliche<br />

RIchard-Wagner-Klänge aus<br />

dem „Ring" das Divertissementchen eröffnen<br />

und gleich In „Goch, wat wer dat früher schön<br />

doch In Colonia" übergehen, das ist schon<br />

umwerfend komisch. Was von Bach bis Beat<br />

über Mozart, Beethoven, Lehär, My Fair La<br />

dy, Treuer Husar, Kütt erop und Guter Mond,<br />

du gehst so stille — die Opern-Parodien nicht<br />

zu vergessen —, da aufs köstlichste Merj"-<br />

beitet wurde, ist für jeden, der das Arrarl<br />

ment verfolgen kann, ein himmlischer S[yai5.<br />

Das Orchester der Cäcilla Wolkenburg war<br />

unter Klövers Leitung auf Draht.<br />

Und dann wieder das unbezahlbare Männer<br />

ballett! Soviel Schönheit auf einmal (oh, diese<br />

WadenI) Ist schwer zu verkraften. Dazu die<br />

Präzision etwa im Sternjungfernballett mit<br />

Spitzenhöschen auf dem Mondl Da wackeln<br />

die Wände. Choreograph Peter Schnitzler<br />

kennt sein Metier. Venus und Mars geben ein<br />

Gastspiel auf dem Mond. Das will gesehen<br />

werden.<br />

Glänzende Ensemblelelstung. Vorzügliche der<br />

Chor (Karl Schmitt). Unter den Solisten spiel<br />

ten und sangen sich nicht wenige Ins Herz<br />

des beifallsfreudigen Premierenpublikums. Al<br />

len voran Michael Goeb. Sein Flöckmann Ist<br />

bühnenreif. Sagt er: „In Bonn passiert nie<br />

jeti", dann freuen sich die Kölsche. Maler<br />

meister Mülheim hat Liebeskummer. Darum<br />

muß ein Tenor heran. Albert Krautz singt das<br />

verfremdete Wolgalied mit schönem Schmelz<br />

und herzerweichend. Horst Massau singt<br />

wieder den Grafen Horst-Heinz (1961 war er<br />

allerdings noch ein Student namens Pi^<br />

Sein einschmeichelnder Barlton hat nochf<br />

Ausdruck gewonnen.<br />

Als Justizrat Palm geht Karl-Heinz Sieber beim<br />

Wettsingen um die reiche Minna wieder als<br />

Sieger hervor. Hans-Georg Spohr ist aber<br />

auch eine herzenstötende Minna. Wilhelm<br />

Schmidts Sopran läßt manche Diva erblei<br />

chen. Sein Stubenmädchen Anna-Maria sollte<br />

bei keinem Mozart-Festival fehlen.<br />

Kunigunde Im Baß<br />

Günter Roggendorfs Kunigunde fällt zuweilen<br />

In einen tiefen Baß. Aber solche Frelfräulelns<br />

von <strong>Der</strong>bacherav soll es ja geben. Rudolf<br />

Wingenfelds Gräfin Zitta Delle — eine komi<br />

sche Alte wie eh und je. Sehenswert noch Edu<br />

ard Plum als Edgar von Platzappell — die

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