Ausgabe 05/2022
| Komplexer Markt: Coverinterview mit Astrid Grantner-Fuchs | Zu Tisch mit ... Martina Hirsch & Michael Molnar | Kommentare von unter anderem Klaus Baringer, Otmar Lahordynsky, Frank Brün, Georg Flödl, Anita Körbler, Karina Schunker, Sebastian Beiglböck, Wolfgang Fessl, Martin Prunbauer | Exklusiv im Interview: Bernhard Klein | Der 28. Real Circle: Quartiers- und Statdtent-wicklung | Über den Tellerrand: Der Radiomacher Karl Habsburg | Dompteure der Komplexität | Kooperation auf der Baustelle|
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Über den Tellerrand<br />
wurden – dies spielt radikalen Kräften in die<br />
Hände.<br />
Es könnten Männer an die Macht kommen, die<br />
wir im Westen einfach nicht ernst nehmen,<br />
weil wir glauben, so Hyperradikale haben<br />
keine Chance. „Nein, das kann nicht sein. Das<br />
gibt es nicht. Das wäre zu lächerlich.“ Aber in<br />
Russland ist es möglich.<br />
Karl Habsburg<br />
Karl Habsburg ist als internationaler Medienunternehmer tätig. Er investiert und entwickelt<br />
Medien in verschiedenen Ländern Europas, aktuell vor allem in den Niederlanden,<br />
der Ukraine, Bulgarien und Österreich. In der Ukraine ist Habsburg Mehrheits-Gesellschafter<br />
der „Ad Venture Radio B.V.“, einer Holding, die das nationale Radionetzwerk „Kraina<br />
FM“ besitzt und betreibt. 2014 übernahm er ein bereits bestehendes Radionetzwerk und<br />
reorganisierte es als „Radio EC – the European Station“, das als Sprachrohr für europäische<br />
Nachrichten und Informationen für die ukrainische Öffentlichkeit fungierte. Im Jahre<br />
2017 erwarb das Radionetzwerk sechzehn zusätzliche Frequenzen von der Regierung.<br />
Ich tue hier etwas, was ich sonst nie tue. Ich<br />
bete jeden Tag dafür, dass ich unrecht habe.<br />
Normalerweise ist es andersherum. Aber<br />
in dem spezifischen Fall hoffe ich, dass ich<br />
unrecht habe.<br />
Aber das ist für uns kein Grund, die Flinte<br />
ins Korn zu werfen. Die Antwort darauf wird<br />
zweifellos eine sehr handfeste sein. Sie wird sicherlich<br />
nicht nuklear sein, sondern wird mit<br />
konventionellen Waffen erfolgen. Man kann<br />
nur hoffen, dass das Ganze nicht passiert.<br />
Die russische Führung besteht aus Bullys.<br />
Bullys setzen immer rote Linien. Wenn aber<br />
jemand kommt und sagt, diese rote Linie ist<br />
mir jetzt wurscht, dann redet man plötzlich<br />
nicht mehr darüber. Ein konkretes Beispiel:<br />
Wie oft hat Putin gesagt, in dem Augenblick,<br />
in dem die Kertsch-Brücke angegriffen wird,<br />
wird die rote Line überschritten, die Russland<br />
zwingt, Atomwaffen einzusetzen? Was ist<br />
passiert, als die Kertsch-Brücke angegriffen<br />
wurde? Die erste Reaktion war: Wer war das<br />
jetzt? Das könnte jemand von unserer eigenen<br />
Seite gewesen sein. Wir wissen es eigentlich<br />
nicht genau. Also untersuchen wird das<br />
einmal genau – und weg war die rote Linie.<br />
Wenn ein Bully eine rote Linie aufzeigt, muss<br />
man sofort betonen, dass diese rote Linie keine<br />
rote Linie ist, und sie überschreiten. Ein Bully<br />
zieht sich in dem Augenblick, in dem man die<br />
roten Linien überschreitet, zurück.<br />
Kann denn Putin über Nacht verschwinden?<br />
Es könnte passieren – könnte aber die<br />
Situation weiter verschärfen, wenn es zu<br />
einem Machtkampf unter den Hyperradikalen<br />
kommt. Man darf auch nicht vergessen,<br />
dass die Strukturen der Zivilgesellschaft in<br />
Russland durch das System Putin vernichtet<br />
Zurück nach Europa und zu den Sanktionen.<br />
Zufrieden mit der Politik?<br />
Nein. Zufrieden kann man nicht sein, soll<br />
man auch nicht sein. Aber es erstaunt mich<br />
doch, wie stark sich das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
durch den Einmarsch vom 24.<br />
Februar gesteigert hat. Wie stark der Zusammenhalt<br />
sowohl auf der EU- als auch auf der<br />
NATO-Seite ist. Keiner hat dies erwartet. Am<br />
wenigsten Putin selbst. Seine Annahme, dass<br />
es die EU oder die NATO oder beide nach dem<br />
Einmarsch in die Ukraine zerreißen wird, war<br />
eindeutig eine Fehleinschätzung.<br />
Genau das Gegenteil ist eingetreten. Das finde<br />
ich schon sehr positiv. Aber natürlich zeigt es<br />
auch die echten Schwachstellen der Europäischen<br />
Union auf, dass wir keine konsolidierte<br />
Außen- und Sicherheitspolitik haben. Das ist<br />
etwas, woran wir in der Zukunft wesentlich<br />
stärker arbeiten müssen. Wir brauchen im<br />
Bereich Außen- und Sicherheitspolitik eine<br />
echte europäische Linie.<br />
Es gibt zahlreiche humanitäre Hilfsaktionen<br />
für die Ukraine. Kommt die Hilfe auch<br />
richtig an?<br />
Ich würde nicht sagen, dass die Ukraine ein<br />
korruptionsfreies Land ist, so weit gehe ich<br />
garantiert nicht. Ich würde sagen, viel von der<br />
Hilfe kommt sehr gut und sehr richtig an. Also<br />
ich meine, es ist kein Spezialbereich, über den<br />
ich jetzt spezifisch weiß, wie es ist, aber ich<br />
sehe, dass sehr, sehr, sehr viel von der Hilfe<br />
auch gut und richtig ankommt. Also erstaunlich<br />
viel. Sicherlich nicht alles. Da muss man<br />
realistisch sein.<br />
Eine Frage, die sich stellt – ist die Frage wie ein<br />
Kriegsende aussehen muss. Für mich gehört<br />
die umfassende territoriale Wiederherstellung<br />
der Ukraine dazu.<br />
106 ImmoFokus