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Kunstbulletin Juli/August 2023

Unsere Juli/August Ausgabe für 2023 mit Beiträgen zu Doris Salcedo, Franz Hohler, Reena SainiKallat, Reto Müller, uvm.

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1794/95, angeführt von den Gründern der heute<br />

noch aktiven Lesegesellschaft. In deren Bibliothek<br />

studierte Johann Wolfgang von Goethe bei<br />

seinem Besuch im Herbst 1797 «die Schweitzerchronik<br />

wegen der Tellischen Geschichte».<br />

Das im historischen Haus zur Farb domizilierte<br />

gleichnamige Museum zur Farb geht diesem<br />

eigentlich nicht geplanten Besuch des Dichters<br />

in einer schönen kleinen Ausstellung auf vier<br />

Bühnen nach. Goethes Faible für Experimente<br />

wird mit der ‹Hexenküche› illustriert, welche<br />

ihrerseits im ‹Faust› Verwendung fand. Seine<br />

Forschungen in der Natur führten ihn zum Blatt<br />

als Ursprung des Baumes und uns Besuchende<br />

in ein kleines Schulzimmer mit Mikroskopen.<br />

Weiter geht’s ins Schablonenzimmer, in dem<br />

eine Toninstallation mit Vogelstimmen eingerichtet<br />

ist: Beim Lauschen werden wir gewahr,<br />

wie gross der Lärm der Welt wirklich ist. (Der<br />

schimpfende Sperling ist allerdings echt und<br />

sitzt draussen unter dem Dachkännel.) Zu guter<br />

Letzt lernen wir über das dänische Vorbild<br />

der Tell-Sage auch noch König Harald Blätand<br />

(Blauzahn) kennen, der zwar 985 umkam, aber<br />

in Form seiner Rune bis heute weiterlebt: als<br />

Logo des Funkstandards Bluetooth. TS<br />

Bevölkerung. Geht eine kaputt, wird sie nicht<br />

mehr repariert. So sterben sie langsam, aber<br />

sicher aus. Dafür lässt es sich – was viele nicht<br />

wissen dürften – in den noch funktionstüchtigen<br />

Kabinen umsonst telefonieren. Ein letzte<br />

gratis Dienstleistung, bevor die Kleinstarchitekturen<br />

zum Denkmal erstarren. Die Zürcher<br />

Künstlerin Johanna Bossart interessiert sich<br />

für Objekte und ihre Geschichte und ersteigerte<br />

2021 auf Ricardo eine Telefonkabine. Diese<br />

steht nun auf dem Gelände des Basislagers<br />

in Zürich West, eine temporäre Siedlung mit<br />

zahlreichen Künstler:innen-Ateliers, und lebt<br />

als ‹ring ring› weiter. Sechs Kunstschaffende<br />

lädt Bossart pro Jahr ein, um in der Kabine<br />

eine ortsspezifische Arbeit umzusetzen und<br />

Kunst in den öffentlichen Raum zu tragen. Den<br />

Auftakt machte der Zeichner und Performer<br />

Peti Wiskemann mit dem ‹Homo Telefonicus›.<br />

Aus gefundenen Holzstühlen baute er eine telefonierende<br />

Figur und tapezierte die Rückwand<br />

mit Papier, auf die er mit Tusche fragmentarische<br />

Texte über das Telefonieren schrieb, auch<br />

eine Reminiszenz an die berühmten Telefonkritzeleien.<br />

Ab Juni lässt die Videokünstlerin<br />

Silvia Bopp einen computergenerierten Dialog<br />

über Telefonbestellungen, Sprache und so<br />

einige Missverständnisse aus diesem dem<br />

Tod geweihten Stück Architektur schallen und<br />

macht klar: Diese Kabine wird nicht so schnell<br />

Ruhe geben.<br />

‹Goethe in Stäfa›, Ausstellungsansicht, Haus<br />

zur Farb. Fotografie: Barbara Pulli<br />

→ Museum zur Farb, bis 15.10.; in den<br />

Sommer ferien geschlossen<br />

↗ lesegesellschaft.ch<br />

ring ring<br />

Zürich — Seit 2016 gehören Telefonkabinen<br />

nicht mehr zur Grundversorgung der Schweizer<br />

Peti Wiskemann · Homo Telefonicus, <strong>2023</strong>.<br />

Foto: Christian Beutler<br />

→ ‹Silvia Popp – Something went wrong›,<br />

bis 30.7. ↗ ring-ring.ch<br />

NOTIERT // DIES UND DAS 137

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