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Kunstbulletin Juli/August 2023

Unsere Juli/August Ausgabe für 2023 mit Beiträgen zu Doris Salcedo, Franz Hohler, Reena SainiKallat, Reto Müller, uvm.

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The Gleaners<br />

Biel — Das englische Verb «to glean» bedeutet<br />

«sammeln», «auflesen», aber auch «ernten».<br />

Die «Gleaners» in der gleichnamigen Ausstellung<br />

der Krone Couronne, sind Künstlerinnen<br />

und Künstler unterschiedlicher Generationen<br />

und Nationalitäten, deren Arbeiten von Streifzügen<br />

durch Geschichte, Gegenwart, Gesellschaft<br />

erzählen. Zusammengenommen wirken<br />

die Positionen sehr heterogen, wie Treibgut<br />

verschiedener Gedanken und Themen. Darunter<br />

gibt es einige spannende Positionen.<br />

Die Bieler Künstlerin Hannah Külling (*1964)<br />

beispielsweise betrachtet Marcel Duchamp,<br />

den Übervater der Moderne, durch die feministische<br />

Brille. Ihre 2005 entstandene Installation<br />

‹Die Braut entblösst den Junggesellen und betrachtet<br />

seine Form, sogar› lässt sich als Antwort<br />

auf Duchamps berühmtes ‹Grosses Glas›<br />

aus dem Jahr 1923 lesen. Bei Külling kommt<br />

das Glas «nackt» daher, ohne Bildelemente, dafür<br />

mit einem riesigen Sprung, der überdeutlich<br />

die Zerbrechlichkeit des Materials anmahnt.<br />

Auf Geschlechterrollen spielt auch Sitara Abuzar<br />

Ghaznawi (*1995) an. Die in Zürich lebende<br />

afghanische Künstlerin ist mit zwei Arbeiten<br />

der Serie ‹Male extinction› vertreten, für die<br />

sie gewissermassen das zusammenklaubt,<br />

was vom Typus Mann, der sich an traditionellen<br />

Vorstellungen von Männlichkeit orientiert,<br />

zurückbliebe, wenn dieser aus der Gesellschaft<br />

verschwinden würden. Das Ergebnis ist ein<br />

trostloses Bild: Ghaznawis Assemblagen bestehen<br />

aus billigen, mit grossen Brandlöchern<br />

versehenen Männeroberhemden und unspektakulären<br />

Kleinabfällen wie Zigarettenkippen,<br />

leeren Tabletten-Blisterpackungen, halbleeren<br />

Taschentuchpäckchen und zerknüllten Plastikfolien<br />

unbestimmter Herkunft.<br />

Alltags-Strandgut findet sich auch bei Bastien<br />

Aubry (*1974). Der aus St. Imier gebürtige<br />

Künstler mit Wohnsitz in Zürich stapelt Pizzakartons<br />

auf Stühle und nennt das ‹Hot Chair›.<br />

Eine recht simpel kalauernde Anspielung auf<br />

die Technik des Readymades, die Materialien<br />

der Arte Povera und sicher auch auf Daniel<br />

Spoerri. Einfachheit des Materials bestimmt<br />

auch eine Videoarbeit von David Hammons<br />

(*1943). In ‹Phat Free›, 1995–1999, geht ein<br />

Mann durch dunkle Strassen und kickt laut<br />

keckernd und klappernd einen Metalleimer<br />

vor sich her. Der Titel ist ein Wortspiel mit dem<br />

Begriff «fat free», also «fettfrei», und dem<br />

Slangwort «phat», das so viel wie «cool» oder<br />

«sexy» bedeutet. Was ist hier wohl im Eimer?<br />

Die Coolness oder die fettfreie Ernährung? AH<br />

David Hammons · Phat Free, 1995–1999,<br />

Videostill, Courtesy S.M.A.K. Ghent<br />

Sitara Abuzar Ghaznawi · Male extinction,<br />

2021, Mischtechnik und Hemden, 75 x 55 cm,<br />

Courtesy Maria Bernheim. Foto: Annik Wetter<br />

→ Krone Couronne, bis 28.8.<br />

↗ kronecouronne.ch<br />

HINWEISE // BASEL / BERN / BIEL<br />

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