Profiwissen Fassade - Raiss
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C. Bauphysik und Konstruktion<br />
C11. Schutzfunktionen und Funktionsebenen<br />
6. sommerlicher Hitzeschutz<br />
Für die Planung gewinnt der sommerliche Hitzeschutz immer mehr an<br />
Bedeutung. Die Komfortansprüche sind gestiegen, Hitzeperioden treten<br />
häufiger auf, Kosten und Energieverbrauch für Kühlung bzw. Klimatisierung<br />
sollen reduziert werden. In der novellierten Energieeinsparverordnung<br />
(EnEV 2014 ) wird dem Rechnung getragen durch Bezug auf die<br />
aktualisierte DIN 4108-2:2013-02. Damit gelten höhere Anforderungen<br />
an den sommerlichen Hitzeschutz. Die Überarbeitung des (vereinfachten)<br />
Nachweisverfahrens war auch erforderlich, um frühere Fehlbewertungen<br />
zu korrigieren. Nach der alten Fassung der DIN 4108-2 wurde ein<br />
Fensterflächenanteil von kleiner 50 Prozent zu „scharf“ bewertet und<br />
größere Fensterflächenanteile zu „weich“. Das korrigierte Verfahren<br />
kommt nun zu ähnlichen Ergebnissen wie Gebäudesimulationen.<br />
Der Nachweis des sommerlichen Hitzeschutzes erfolgt gemäß<br />
DIN 4108-2: 2013-02 nach zwei Verfahren:<br />
• vereinfachtes Verfahren (Sonneneintragskennwerte),<br />
S vorh S zul<br />
• Thermische Gebäudesimulation (Übertemperaturgradstunden),<br />
G hvorh G hzul<br />
Voraussetzungen für Verzicht auf einen Nachweis<br />
Liegt der Fensterflächenanteil unter den Werten der Tab. C11.22, so darf<br />
auf einen Nachweis verzichtet werden.<br />
Neigung der<br />
Fenster gegenüber<br />
der Horizontalen<br />
Auf einen Nachweis bei Wohnnutzungen kann unter folgenden Bedingungen<br />
verzichtet werden:<br />
• grundflächenbezogener Fensterflächenanteil 35% und<br />
• außenliegende Sonnenschutzvorrichtungen<br />
(Fenster in Ost-, Süd- oder Westorientierung):<br />
Abminderungsfaktor<br />
F c 0,30 bei Glas g > 0,40 bzw.<br />
F c 0,35 bei Glas g < 0,40<br />
<br />
Orientierung<br />
der Fenster<br />
Grundflächen bez.<br />
Fensterflächenanteil<br />
f WG<br />
a<br />
in %<br />
Nord-West über Süd<br />
10<br />
bis Nord-Ost<br />
über 60° bis 90°<br />
alle anderen<br />
15<br />
Nordorientierungen<br />
von 0° bis 60° alle Orientierungen 7<br />
Tab. C11.22 Zulässige Werte des Grundflächen bezogenen<br />
Fensterflächenanteils nach DIN 4108-2.<br />
a Der Fensterflächenanteil f WG ergibt sich aus dem Verhältnis der Fensterfläche (lichte<br />
Rohbauöffnungen) zur Nettogrundfläche des betrachteten Raumes oder der<br />
Raumgruppe.<br />
Hinweise und Werte zu Sonnenschutzvorrichtungen sind im<br />
Abschn. C14.3. „Arten von Verschattungen“ auf Seite 126 zu finden.<br />
Nachweisverfahren Sonneneintragskennwert<br />
Der Nachweis ist für „kritische“ Räume zu führen. Dies sind z. B. Räume<br />
mit einem hohen Fensterflächenanteil vor allem nach Süden und<br />
Westen. Auch eine leichte Bauart, z. B. Dachgeschoss in konventioneller<br />
Bauweise mit Dachflächenfenstern nach Osten, kann einen Nachweis<br />
erforderlich machen.<br />
Für den nachzuweisenden (kritischen) Raum / Raumbereich ist der vorhandene<br />
Sonneneintragskennwert S vorh zu ermitteln. Dabei sind folgende<br />
Werte einzusetzen:<br />
• Größe der Fensterflächen<br />
• Gesamtdurchlassgrad des Glases einschl. Sonnenschutz<br />
• Nettogrundfläche des Raumes / Raumbereiches<br />
Der Gesamtenergiedurchlassgrad (g tot -Wert) ergibt sich aus dem g-Wert<br />
der Verglasung und dem Abminderungsfaktor F C für den Sonnenschutz.<br />
Die Verwendung von Herstellerangaben für den g tot -Wert liefert ggf. günstigere<br />
Werte.<br />
Als Grenzwert ist der zulässige Sonneneintragskennwert zu bestimmen.<br />
Hierbei spielen folgende Einflussfaktoren eine Rolle:<br />
• S 1 - Standort, Nachtlüftung und Bauart (geändert)<br />
• S 2 - grundflächenbezogener Fensterflächenanteil (neu)<br />
• S 3 - Sonnenschutzglas<br />
• S 4 - Fensterneigung<br />
• S 5 - Fensterorientierung<br />
• S 6 - Einsatz passiver Kühlung (neu)<br />
Für den (vereinfachten) Nachweis lautet die Anforderung:<br />
S vorh S zul<br />
Insbesondere der grundflächenbezogene Fensteranteil S 2 trägt zu einer<br />
Anforderungsverschärfung bei. Ist der Fensterflächenanteil größer als<br />
25% wird S 2 negativ und verringert den zulässigen Sonneneintragskennwert.<br />
Mögliche Lösungen bei hohem Fensterflächenanteil sind beispielsweise<br />
der Ansatz einer erhöhten Nachtlüftung in Kombination mit:<br />
• einem wirksamen Sonnenschutz (außenliegende Jalousien) oder<br />
• Reduktion des g-Wertes oder<br />
• Reduktion des Fensterflächenanteils<br />
<br />
zu beachten:<br />
Sonnenschutzglas, niedrigere g-Werte und geänderte<br />
Fensterflächen beeinflussen auch die winterlichen Solargewinne<br />
und damit den Energiebedarf im Winter.<br />
Annahme aus DIN 4108-2:<br />
Bei Wohnnutzung kann i.d.R. von der Möglichkeit einer erhöhten Nachtlüftung<br />
(n 2 h -1 ) ausgegangen werden.<br />
Hier ist jedoch zu hinterfragen, ob nachts vom Nutzer eine Stoßlüftung<br />
alle 2 Stunden realisiert werden kann. Bei der Frage, ob Fenster stattdessen<br />
nachts in Kippstellung belassen werden können, muss der<br />
Sicherheitsaspekt (Einbruchschutz) berücksichtigt werden.<br />
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