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ein Stöhnen, das immer lauter wurde, geweckt. Ich dachte, er<br />
würde meine Mutter umbringen und verkroch mich völlig<br />
verängstigt unter meiner Bettdecke. Am nächsten Morgen<br />
saßen beide, zu meinem großen Erstaunen, heiter und vergnügt<br />
beim gemeinsamen Frühstück. Ich hatte nicht verstanden,<br />
was vorgefallen war, aber ich hatte verstanden, dass ich ihn<br />
nicht mochte. Denn ich ahnte wohl schon an diesem ersten<br />
Morgen, dass er meiner Mutter und unserer Familie nicht gut<br />
tun würde. Irgendwie spürte ich ebenso ganz deutlich, dass<br />
auch er mich eher duldete als mochte.<br />
Im Jahr 1934 wurde meine Halbschwester Margitta und ein<br />
Jahr später, 1935, mein Halbbruder Alfred geboren, den aber<br />
alle Heiner nannten. Zum Zeitpunkt der Geburt Margittas<br />
war meine Mutter noch nicht von meinem Vater Walter <strong>Ostwald</strong><br />
geschieden. Deshalb bekam sie nach damaligem BGB-<br />
Recht auch den selben Nachnamen. Als Alfred jedoch geboren<br />
wurde, war meine Mutter schon eine geschiedene Frau und<br />
nach geltendem Recht bekam er den Mädchennamen meiner<br />
Mutter, Hartmann. Somit war Margitta ein eheliches und<br />
Alfred ein uneheliches Kind. Heiner war ein ruhiger, stiller<br />
Junge, den ich als meinen Bruder voll anerkannte.<br />
In der Wohnung wurde es zu eng. Wir waren nun sechs<br />
Personen, und Konflikte waren unausweichlich. Es kam oft<br />
zu Streitereien zwischen Bergemann und meiner Mutter. Im<br />
Gegensatz zu meinem Vater Walter <strong>Ostwald</strong>, der, wie bereits<br />
beschrieben, ein ruhiger und sanftmütiger Mann war, neigte<br />
Bergemann zu Wutausbrüchen und Gewaltattacken gegen<br />
meine Mutter. Nicht selten war eines ihrer Augen durch ein<br />
Hämatom zugeschwollen. Bergemann trank immer öfter.<br />
Besonders an Tagen, an denen es Geld gab. Es war widerlich<br />
mit ansehen und anhören zu müssen, welche hässlichen Szenen<br />
sich zu Hause abspielten.<br />
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