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Die Hochzeitszeremonie fand im Standesamt in der Kanalstraße<br />
statt. Die Hochzeitskutsche der Firma Dankert, eine weiße<br />
Kutsche, die von zwei Schimmeln gezogen wurde, war in dieser<br />
Notzeit schon ein Ereignis. Die Außenstehenden wussten<br />
nicht, dass unser beider Hochzeitskleidung nur geliehen war.<br />
Alle spendeten, Freunde und Arbeitskollegen, und trugen<br />
zum Gelingen der Trauung bei.<br />
Die kirchliche Trauung fand in der Jakobskapelle in der Jakobstraße<br />
statt. Pfarrer Gobel tat sein Bestes. Es war ein sonniger,<br />
kalter Wintertag, und die kleine Kapelle konnte gar nicht alle<br />
Menschen fassen, die in dieser Notzeit mal eine glückliche<br />
Stunde mit uns miterleben wollten. Ich erlebte die Freude<br />
und das Glück meiner Inge, dass ich ihren Wunsch nach einer<br />
kirchlichen Trauung erfüllen konnte. Es war gar nicht so leicht<br />
gewesen, Pfarrer Gobel zu dieser Trauung zu überreden, da<br />
ich zwar getauft, aber nicht konfirmiert war. Ich war eben ein<br />
Atheist. Aber die Liebe siegt immer, und „der liebe Gott war<br />
mit uns“.<br />
Die Hochzeitsfeier fand nur im keinem Kreis der Familie in<br />
der kleinen Wohnung von Inges Mutti, die ich auch Mutti<br />
nennen durfte, statt. Von Inges Familie sind alle zur Feier gekommen,<br />
nur von meiner kam keiner. Es war eine bescheidene<br />
Feier, aber trotzdem eine glückliche. Onkel Willi war einen<br />
Tag vorher gekommen und brachte uns eine Gans. Weiß der<br />
Teufel, woher er die organisiert hatte. Es war für diese Zeit ein<br />
Festessen, und alle waren einmal für einen Tag satt. Inge und<br />
ich waren die glücklichsten Menschen in dieser Runde.<br />
Für mich war es eine eigenartige Lage, denn von meiner<br />
Familie kam niemand. Richtig vermisst habe ich nur Oma.<br />
Warum kam sie nicht? Ich habe sie nie danach gefragt, und<br />
trotzdem hatte Inge mit ihr danach bis zu ihrem Tod ein gutes<br />
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