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Prügel war ich ja von zu Hause gewohnt. Wenn ich für mich<br />
selbst eingestand, dass ich über ein Ziel hinausgeschossen<br />
war, dann ertrug ich Prügel stets klaglos. Doch fühlte ich mich<br />
zu Unrecht und über Maßen bestraft, dann wurde ich rebellisch.<br />
So war es auch in diesem Fall. Ich fand die Strafe zu hart<br />
und fühlte mich gedemütigt.<br />
Das konnte doch nicht Gottes Art sein. In den vier Jahren<br />
Religionsunterricht in der Rochow-Schule hatte ich Gottes<br />
Wort anders verstanden. In meinem Zorn griff ich das<br />
Gebetsbuch, das auf dem Pfarrerpult lag, und schleuderte<br />
es in Richtung Pfarrer, in der festen Absicht, ihn am Kopf zu<br />
treffen. Doch ich verfehlte ihn und das Gebetbuch traf eine<br />
Engelsfigur, die auf einer kleinen Konsole an der Wand stand.<br />
Sie wurde das unschuldige Opfer meiner Wut. Der Pfarrer<br />
beschimpfte mich als Gotteslästerer und verwies mich sofort<br />
des Pfarrhauses.<br />
Zu Hause war die Hölle los. Auch hier wieder Prügel und<br />
Gezeter. Meine Mutter bettelte förmlich beim Pfarrer um<br />
meine Teilnahme an der Konfirmation. Aber vergebens.<br />
Dennoch ging ich am Tag der Feier in die Kirche und schaute<br />
mir die Zeremonie an. Ich fand alles sehr festlich, aber es bewegte<br />
mich in keiner Weise. Aber als da saß, dachte ich an all<br />
die Prügel, die ich bekommen hatte, und an die Worte meiner<br />
Oma: „Lass mal Großer. Auch ohne Gottessegen kann der<br />
Lebensweg gut oder schlecht sein. Bleibe nur so wie du bist,<br />
vor allem anständig.“<br />
Die Progrome<br />
Man kann lapidar sagen, dass die Ereignisse der Pogromtage<br />
so unerfreulich wie das Wetter in dieser Zeit waren. Doch<br />
wogegen Wetter nur unerfreulich sein kann, waren die Tage<br />
der Pogrome unmenschlich und verabscheuenswert. Die SA<br />
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