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Der Ernst des Lebens<br />
Der sogenannte Ernst des Lebens begann, denn mein Freund<br />
Heiner und ich mussten auf Lehrstellensuche gehen. Meine<br />
Mutter wollte unbedingt, dass ich aufs Land als Knecht gehe.<br />
Doch da funkte meine Oma dazwischen. Sie fauchte meine<br />
Mutter an: “Wir sind doch nicht in die Stadt gezogen, damit<br />
einer unserer Kinder oder Enkel wieder ein Knechtsein erlebt.“<br />
Heiner und ich hatten gehört, dass in der Elisabethhütte und<br />
in der Schiffswerft „Wiemann“ Lehrlinge gesucht wurden.<br />
Wir bewarben uns beide und hatten enormes Glück. Wir bekamen<br />
beide eine Lehrstelle als Former in der Elisabethhütte.<br />
Als ich meiner Mutter den Vertrag zur Unterschrift vorlegte,<br />
kam es wieder zu einem großen Krach, denn meine Mutter<br />
weigerte sich, mir ihre Unterschrift zu geben. Ich ahnte, dass<br />
Bergemann die Ursache für ihre Verweigerung war. Er wollte<br />
unbedingt, dass ich eine Lehrstelle außerhalb Brandenburgs<br />
annahm, denn dann wäre er mich losgewesen.<br />
Da ich die Lehrstelle unbedingt haben wollte, unterschrieb<br />
ich den Vertrag mit dem Namen meiner Mutter selbst. Strafrechtlich<br />
war das wohl Urkundenfälschung, moralisch war es<br />
aber ein Notstand. Natürlich hatte meine Mutter den Betrug<br />
herausgefunden und tobte wie immer umher. Aber sie ließ den<br />
Schwindel auch nicht auffliegen. Ich konnte die Lehre antreten.<br />
Bis sich der Ärger zu Hause gelegt hatte, nahm mich Oma<br />
einige Tage bei sich auf. Das Abschlusszeugnis, das ich<br />
bekam, war nicht berauschend, aber für meinen neuen Lebensabschnitt<br />
reichte es.<br />
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