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Aber es dauerte nicht lange, und vier Polizisten standen vor<br />
der Tür. Von unserer Wohnung bis zum Rathaus, in dem das<br />
Polizeirevier war, waren es nur ca. 250 Meter. Aber die<br />
gesamte Strecke gingen sie mit großer Brutalität gegen<br />
meinen Onkel vor, in dem sie ihn mit Schlagstöcken traktierten.<br />
Auch wenn ich durch meine Minderjährigkeit Glück hatte<br />
und nur als Zeuge vernommen wurde, so war ich doch zutiefst<br />
entsetzt über die Brutalität. Unter Schock ging ich nach Hause.<br />
Über lange, lange Zeit konnte ich die Bilder dieser Nacht nicht<br />
aus meinen Gedanken verbannen.<br />
Dieser Vorfall wurde als politisch motiviere Straftat eingestuft<br />
und entsprechend bei Gericht verhandelt. Onkel Willi wurde<br />
zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Er kam bei Ausbruch des<br />
Krieges in das Konzentrationslager Buchenwald. Wenn auch<br />
erst 1951, so sah ich ihn doch zumindest lebend wieder.<br />
Nach der Gerichtsverhandlung wurde ich aus der Hitlerjugend<br />
ausgeschlossen. Ich nahm diese Tatsache nicht weiter tragisch,<br />
denn so hatte ich doch mehr Freizeit und brauchte an keiner<br />
Versammlung teilnehmen.<br />
Radfahrer<br />
Meine Familie blieb durch diesen Vorfall unbehelligt und alles<br />
beim Alten. Unsere Clique, die aus fünf Rennbegeisterten aus<br />
unserer Straße bestand, trainierte zweimal in der Woche. Dabei<br />
führten unsere Rennstrecken wahlweise von Brandenburg<br />
nach Rathenow oder Belzig oder Potsdam. Das waren immerhin<br />
pro Strecke 60 bis 80 Kilometer, und für unsere selbst gebauten<br />
Drahtesel eine ordentliche Leistung. Das Training musste<br />
sein, denn pro Monat fanden regelmäßig an der Brielower<br />
Rennbahn Rennen statt. Hier konnte auch teilnehmen, wer<br />
kein professionelles Rennrad besaß. Diese Rennen hatte den<br />
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