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© Heinrich Kantura/Peter Christoph Schwartz, A-1010 Wien, Hafnersteig 5/1/2/11<br />

leise, welcher wird der Laokoon sein, der uns zu retten<br />

sucht...oder werden auch wir uns düpieren lassen...uns täuschen<br />

lassen von diesem...von diesem Artefakt. Wir sind die Täuscher,<br />

sagte ich, und wir sind die Getäuschten...Aber nein, rief der<br />

Direktor dazwischen, aber nein!!!...und doch sind wir zuerst<br />

einmal... Ja, frug der Direktor ungeduldig, ja!? Oh, ich weiß es<br />

nicht mehr, Herr Direktor, jetzt weiß ich plötzlich nicht mehr,<br />

wer wir sind in diesem Spiel. Aber ist das denn ein Spiel! hörte<br />

ich den Direktor sich exaltieren. Ich brannte eine Zigarette an<br />

und versuchte zu lächeln. Aber ich fühlte mich verraten, und mein<br />

Lächeln war nicht anders ungeübt als das eines Kindes, welches<br />

vielleicht in den Straßen des Warschauer Ghettos neben den toten<br />

Eltern sitzen geblieben war. (Und was tun wir an solchen Orten und<br />

während ihrer Momente? Wir weinen, wir verstummen, verhärten -<br />

oder wir lächeln, lächeln geradeso blödsinnig, als würden es<br />

unsere verunstalteten verzogenen spröden Lippen vermögen, eine Art<br />

von Tröstung zu provozieren, die auch davor stets nur in den<br />

Köpfen der Menschen passiert war!) - - Daß es ein Spiel ist, hub<br />

ich schließlich an, ist die einzige Wahl, die uns bleibt. Denn<br />

wofern es ein Spiel ist, versuchte ich zu erklären, hat es<br />

Regeln-- Und Sie meinen, frug der Direktor dazwischen, daß wir<br />

seine Regeln neu definieren können!? Nein, habe ich sofort<br />

reagiert, diese Regeln zu gestalten ist uns nicht erlaubt noch<br />

vermöchten wir´s! Wie darf ich Sie dann verstehen, frug der<br />

Direktor und schaute nach den Fenstern. Nur d-a-ß wir denken, es<br />

sei ein Spiel, habe ich gesagt, nur d-a-ß wir es denken, macht es<br />

uns möglich, das alles zu ertragen, über welches wir ansonsten<br />

vielleicht resignieren möchten. - - Es ist ein Spiel, Herr<br />

Direktor, erklärte ich mich, es ist wie Hamlet, den wir auf der<br />

Bühne sehen und den zu verstehen uns nicht kümmert, weil das<br />

endlich bedeutete, nicht anders verzagt zu haben wie der Prinz von<br />

Dänemark. Verstehen Sie, Herr Direktor, fuhr ich zu erklären fort,<br />

indem wir das Spiel anerkennen, verleugnen wir unsere eigene<br />

tatsächliche Verzweiflung! - - In der Nacht hatte ich geträumt von<br />

Hamlet, daß er Waffen und Widerstand zu wählen nur deshalb sich<br />

entschied, um jenen totzuschlagen, der Yoricks Schädel, des toten<br />

Königs Spaßmachers Schädel, bestaunt hatte und befühlt geradeso,<br />

als würde das Betasten von blankem Knochenzeug den Tod bezwingen.<br />

(Also hat er den einen totgeschlagen; und der eine war er selbst,<br />

war Hamlet.) - - Ich werde etwas tun, hörte ich eine Stimme<br />

flüstern, ich werde Sie hier herausholen, und dann werden Sie--<br />

Was werde ich dann, habe ich den Direktor torpide angerufen und<br />

meine Augen geschlossen gehalten vielleicht nur deshalb, um des<br />

Hamlets Staunen, von dem mir träumte, in meine Erinnerungen<br />

einzubrennen geradeso wie das ansonsten nur geschieht in den<br />

Nächten, die dem Krieg vorausgehen, bei den Kindern, welche nichts<br />

zu vergessen angehalten sind, weil das, was vergessen ist, auch<br />

nicht mehr wirken kann in der Art eines Antidots, was werde ich.<br />

(Der Direktor respirierte heftig, vielleicht sogar zu heftig, und<br />

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