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© Heinrich Kantura/Peter Christoph Schwartz, A-1010 Wien, Hafnersteig 5/1/2/11<br />

nicht zu sagen, wer oder was der gewesen war, aber Gott war der<br />

nicht gewesen!<br />

Auf den Photographien waren die Seelen der Toten abgelichtet. Aber<br />

vielleicht waren es auch die eigenen Erinnerungen, die in jenem<br />

Moment abgebildet worden waren, als jene Übelkeit hervorgekrochen<br />

war wie ein verspätetes Gespenst am Morgen um 4 Uhr 10! Allenfalls<br />

waren das Sehnsüchte gewesen oder Appetenzen! Ich weiß das nun<br />

nicht zu sagen!!!<br />

Ich will eigentlich nicht, daß die Leser zu Sprachwissenschaftern<br />

werden. Die sollen lesen, das erste Mal, vielleicht auch ein<br />

zweites oder ein drittes Mal, und dann nicht mehr sagen, als daß<br />

es sie erinnert, vielleicht an ein Traumgefühl, das ihnen<br />

irgendwann einmal über einen ganzen Tag nachgefolgt war.<br />

Todesvariationen:<br />

Das war damals, im Sommer ´44, im KZ. Ich war vierundzwanzig Jahre<br />

alt, als ich nach M. kam. Aber ich hatte mich freiwillig gemeldet!<br />

Und es war eine tolle Zeit! Wenn Sie auf der richtigen Seite<br />

stehen, ist jeder Krieg eine un-ver-gleich-ba-re Erfahrung! Weil<br />

es dann nämlich keine Regeln gibt, die Sie einhalten müssen, ich<br />

meine, fast keine Regeln! Und ein KZ ist ja überhaupt<br />

ein...Mechanismus, der... Ich meine, im KZ hat es keine Regeln<br />

gegeben, die wir hätten beachten müssen... Verstehen Sie, im KZ<br />

stellen Sie selbst die Regeln auf! Wenn Sie jemanden prügeln<br />

wollen, dann prügeln Sie ihn, oder Sie erschießen in<br />

sechsunddreißig Sekunden ein Dutzend Gefangene nur deshalb, weil<br />

Sie es tun wollen... Ich meine, Sie können alles tun, a-l-l-e-s!<br />

Wenn Sie auf der richtigen Seite stehen, ist das KZ das Land Ihrer<br />

Träume, ich meine, dort können Sie tun, was Sie wollen, und Sie we-r-d-e-n<br />

es tun!!! Ich selbst war ja lange genug im KZ<br />

stationiert, und ich habe während dieser Zeit keinen gesehen, der<br />

das nicht irgendwann erkannt hat, daß er nämlich alles tun kann,<br />

was er will! Sie wollen jemandem die Zähne ausbrechen? Dort können<br />

Sie es tun! Sie wollen den Fötus einer Schwangeren zertreten? Dort<br />

tun Sie es! Verstehen Sie... Sie können tun, was Sie wollen... Sie<br />

selbst bestimmen die Regeln! Im KZ gibt es so etwas wie Moral<br />

nicht; die wird von Ihnen nicht verlangt noch brauchen Sie sie!<br />

Dort sind Sie frei, ich meine, im KZ können Sie die Moral als das<br />

erkennen, was sie ist: ein Knebel; eine Fessel, die Sie selbst<br />

gewiß immer schon zerschneiden haben wollen. Und dort werden Sie<br />

es tun! Im KZ werden Sie Ihre Moral ablegen wie einen zerrissenen<br />

Mantel! Das habe ich schon am ersten Tag erkannt. Als ich die<br />

Gefangenen aus den Waggons habe fallen sehen, habe ich das<br />

erkannt! Verstehen Sie... Ich meine, Sie sollten Ihre Arbeit nicht<br />

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