PCSHK_R.pdf
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© Heinrich Kantura/Peter Christoph Schwartz, A-1010 Wien, Hafnersteig 5/1/2/11<br />
agnoszieren fähig sind... Und ich selbst, habe ich gelächelt, wie<br />
vielleicht ein Soldat nur mehr zu lächeln sich befleißigt in jenem<br />
Augenblick, als er die Gewehrkugel den Nebel durchbrechen fühlt,<br />
die ganz gewiß in seinen Körper dringen wird, ich selbst also<br />
kenne keinen, der frei ist von Sehnsucht, frei ist von Furcht. - -<br />
Aber auf den Schlachtfeldern ist jener Gott genausowenig zu<br />
bezwingen wie in den Nächten, die der Angst gehören! habe ich<br />
gerufen und ein zweites Mal gelächelt geradeso, als würde ich mich<br />
nicht bekümmern lassen von den Seelen der Toten, die vielleicht<br />
nur länger brauchen, um zu verfaulen, als ihre Körper.<br />
Warum ich lebe, frug man mich. Warum ich lebe, habe ich<br />
wiederholt, warum ich lebe – das weiß ich nicht zu sagen. Aber daß<br />
Sie leben, wissen Sie? Oh, habe ich gelächelt, oh, das weiß ich so<br />
ganz genau wie Descartes. Das ist schon etwas, haben sie<br />
gelächelt, das ist immerhin schon etwas... Wenn es nicht<br />
überhaupt, fuhr ein anderer fort, alles ist, was Sie wissen<br />
müssen. Es ist alles, habe ich wütend gerufen, es ist alles, was<br />
ich weiß! - - Es ist alles, was ich weiß, habe ich nochmals<br />
geflüstert und dabei zu weinen mich befleißigt. Warum weinen Sie,<br />
wurde ich sofort gefragt, warum weinen Sie? Nun will ich es wagen,<br />
habe ich gesagt (und vielleicht habe ich´s auch nur gedacht),<br />
jetzt will ich zu weinen probieren, einfach so... Aber warum,<br />
wurde ich laut angerufen, warum? - - Es war Sonntag gewesen,<br />
nämlich Sonntag um 16 Uhr 10, als ich zu weinen mich bemühte,<br />
sintemal es das einzige war, was ich bislang nicht gewagt hatte.<br />
Irgendein Sonntag ist es gewesen im August; aus dem Firmamente<br />
sinterten Wolken, die ich von Anfang als den Moder eines dräuenden<br />
Unwetters erkannte, sintemal sie rochen wie der üble heiße<br />
prodromale Duft der Friedhöfe und gekleidet waren wie Schauspieler<br />
zur Generalprobe. Das habe ich agnosziert, daß es nämlich Wolken<br />
gewesen waren, über welche man vielleicht nichts anderes wissen<br />
braucht, als daß es vermodernde stinkende übelgelaunte Zuträger<br />
sind! - - Aber ich weine nicht, habe ich schließlich gesagt, ich<br />
weine auch jetzt nicht... Denn der Hoffnung, fuhr ich fort, habe<br />
ich abjuriert; und weil ich von ebendieser Lüge mich nicht<br />
versuchen lasse, darf ich gewiß keiner anderen Lüge anheimfallen,<br />
indem ich vielleicht statt zu hoffen weine, statt zu hassen liebe<br />
oder statt zu lachen mich erinnere!<br />
Dort war ich hilflos, ich war ihnen ausgeliefert. Also tat ich<br />
endlich, weshalb ich gekommen war, nämlich ich stöhnte! Ich<br />
stöhnte wie vielleicht einmal Richard III. gekeucht hatte, als er<br />
träumte in der Art einer Theophanie, seine Neffen töten zu werden.<br />
- - Aber das Feuer, dessen Glut genauso amikal schien wie jener<br />
Orgasmus, der sich ereignete in einer Nacht, die fürderhin der<br />
Angst gehört hatte, oh, durch dieses Feuer meinen Körper zu<br />
befehlen, habe ich nicht gewagt... Ich mußte mich dennoch beeilen,<br />
sintemal man mich zu töten plante, wie vielleicht einmal ebenso<br />
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