PCSHK_R.pdf
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© Heinrich Kantura/Peter Christoph Schwartz, A-1010 Wien, Hafnersteig 5/1/2/11<br />
Wir können uns lieben, habe ich gesagt, oder wir können uns<br />
negieren, sintemal wir fähig sind zur Liebe genauso wie zur<br />
Indolenz; aber immer werden wir das falsche getan haben damit!<br />
Also verlieren wir, habe ich geflüstert, nur deshalb, weil wir<br />
tatsächlich zu siegen unfähig sind...weil wir den Tod...jenen<br />
beständigen plötzlichen determinierten, meine ich...weil wir den<br />
anzunehmen nicht bereit sind in den Nächten, die der Angst<br />
gehören... In den Nächten, fuhr ich fort, nämlich in diesen<br />
Nächten sind wir wie die Kinder, welche mit einemmal davon wissen,<br />
daß die Mutter sterben wird oder das Geschwisterchen und daß sie<br />
selbst nichts dagegen werden tun können. Aber dann beten wir! Wie<br />
jene Kinder beten wir, dieweil wir daliegen wie zitternde, halb<br />
zerrissene Soldaten, die in die Schützengräben zurückgefallen<br />
sind, über welchen die Panzerkolonnen sich zu drehen beginnen<br />
geradeso, als würden die mit dem Senfgas, welches über die Felder<br />
stiebt, tanzen wollen! - - In den Nächten, habe ich begonnen, in<br />
diesen Nächten sind wir die Kreatur eines gnadenlosen Weltenraums,<br />
sind wir Bastarde, aus deren wunden eitrigen offenen Bauchhöhlen<br />
jener Moder steigt, von welchem wir erzählt bekommen haben, daß es<br />
der Gestank sei von Prosekturen! - - Das sind wir in den Nächten,<br />
habe ich gesagt, nicht so sehr, weil die Nächte sich maskieren wie<br />
Mörder; weil die Nächte so...exakt zu riechen sind, spüren wir<br />
unsere Abdomina zerplatzen und den Moder sich ergießen! Und wir<br />
können nichts tun dagegen, habe ich gerufen, wir können nicht<br />
einmal etwas tun!!! - - Die Sonne, habe ich schließlich begonnen,<br />
allenfalls die Sonne ist eine Schauspielerin! Zwar hat die, fuhr<br />
ich fort, ihren Text gut gelernt, und trotzdem ist sie eine<br />
heuchelnde unbarmherzige ekelhafte Darstellerin! Wir dürfen ihr<br />
nichts glauben, habe ich gerufen, nichts!!! In der Wüste tötet sie<br />
uns, auf den Schneefeldern der Gletscher läßt sie uns erblinden,<br />
und in den Städten und den Nächten schweigt sie wie eine Hure, die<br />
sich zum erstenmal entkleidet! Wir dürfen ihr nichts glauben, habe<br />
ich mich wiederholt, nichts!!! Wem wir also glauben sollen, frug<br />
man mich. Keinem, habe ich sofort reagiert, keinem sollen wir<br />
glauben, und noch nicht einmal uns selbst! Aber etwas müssen wir<br />
glauben, wurde ich laut angerufen, etwas müssen wir immer glauben!<br />
Ja, den Schmerz, habe ich gesagt, den Schmerz und die Resignation<br />
können wir glauben ganz ohne Vorbehalt. - - Der Schmerz, habe ich<br />
sodann wieder begonnen, ist nicht wie die Sonne oder wie unsere<br />
Vorstellungen und Hoffnungen...denn der Schmerz ist immer nur der<br />
Schmerz; er wird sich nicht verkleiden und sich keine Maske<br />
aufschminken, wie das die Sonne tut, indem sie uns das Wasser aus<br />
dem Körper zieht oder unsere Iris verbrennt. Und der Schmerz ist<br />
auch nicht wie die Hoffnung, habe ich zu erklären mich<br />
weiterbemüht, über welche wir nicht zu erkennen wagen, daß sie uns<br />
nicht anders desavouiert als das vielleicht der Schularzt<br />
irgendwann einmal getan hatte, sintemal er argwöhnisch gelächelt<br />
hatte in jenem Moment, während welchem man als Junge sich<br />
entblößen hat müssen vor ebendiesem Doktor, damit der das<br />
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