PCSHK_R.pdf
PCSHK_R.pdf
PCSHK_R.pdf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
© Heinrich Kantura/Peter Christoph Schwartz, A-1010 Wien, Hafnersteig 5/1/2/11<br />
gut angesetzten Hieb, aufdaß endlich auch die Sonne einmal jenen<br />
Schmerz erleide, welcher sich seit ehedem ereignet in den<br />
Duldsamen, die den Unbedachtsamen nicht anders zu begegnen wissen<br />
als in Demut! - - Aber im Wald war es still, und auch der Asphalt<br />
war kalt geworden, als ich eine Gestalt agnoszierte wenig hinter<br />
mir, die eine Melodie summte geradeso, als würde sie dem<br />
neugeborenen Herkules ein Wiegenlied singen. Es war aber ein<br />
Mozartsches Lied, das hier gesungen wurde von jener Gestalt, die<br />
mich von Anfang keineswegs irritierte, und von einer Stimme, über<br />
welche ich jetzt nicht mehr sagen kann, als daß es ein helles<br />
geschultes sicheres Timbre war! (Vielleicht waren es auch drei<br />
Stimmen, die ich hörte. Aber wenn es auch drei Stimmen gewesen<br />
waren, so war es doch nur diese eine Gestalt, die sie sang.) Also<br />
verlangsamte ich meinen Schritt, in der vielleicht falschen<br />
Annahme, daß ich den Abstand zwischen uns zusehends vergrößern<br />
würde während jener Momente der Unaufmerksamkeit, welche sich so<br />
oft ereignen, und dann erkennen würde müssen, jene Distanz nicht<br />
mehr korrigieren zu können. Aber ich wollte nicht davonlaufen, und<br />
ich wollte genausowenig irgendwann mir selbst eingestehen müssen,<br />
davongelaufen zu sein, weshalb ich also meinen Schritt<br />
verlangsamte! - - Während dieser Momente war ich, das kann ich<br />
durchaus sagen, vielleicht so frei wie niemals noch zuvor, denn<br />
ich fühlte keine Angst noch irgendwelche dräuenden Übel. Und auch<br />
von dieser Gestalt, die unablässig das Mozartsche Liedchen summte,<br />
war ich überzeugt, daß es ein freies Wesen war, wenngleich kein<br />
Engel. - - Als ich dann den Abgrund agnoszierte zu meiner Rechten,<br />
neben welchem wir gingen, habe ich noch nicht einmal daran<br />
gedacht, jenen festen unbeirrbaren Schritt zu tun! Aber plötzlich<br />
verstummte der Gesang; ich sah zu der Gestalt, die mir gefolgt.<br />
Sie war verschwunden! - - Es war still, als ich jene wenigen Meter<br />
zurücklief in ehrlicher Sorge und Sehnsucht. Aber ich konnte<br />
nichts mehr tun! Es war weg. Nur ein zertrümmertes Käferchen lag<br />
dort im Laub am Straßenrand, mit gebrochenem Genick und<br />
deformierten Gliedmaßen, über das etliche Ameisen krochen wie<br />
Soldaten, denen eine Anhöhe einzunehmen befohlen ist.<br />
ich höre die engel nach mir rufen, die engel, die<br />
auf den schlachtfeldern die schädel der toten numerieren, aufdaß<br />
die schlangen ihre wohnhöhlen kennen und die generäle ihre verluste<br />
Sie brauchen einen Arzt, hat man mir gesagt, als ich selbst davon<br />
gesprochen, daß wir Wunden geschlagen bekommen, über welche man<br />
endlich nicht mehr sagen kann, als daß die nicht bluten, Sie<br />
brauchen einen Arzt, einen Neurologen vielleicht. O den brauch ich<br />
keinesfalls, habe ich sogleich reagiert, den brauch ich nicht!<br />
Statt dessen brauche ich Gewißheit, hub ich an, Gewißheit, nämlich<br />
eine Gewißheit, ir-gend-ei-ne zumindest... Warum ich die denn<br />
45