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© Heinrich Kantura/Peter Christoph Schwartz, A-1010 Wien, Hafnersteig 5/1/2/11<br />

mit größerer Aufmerksamkeit als ansonst, nicht anders als<br />

vielleicht an irgendeinem Tag getan! - - Der Körper betrat die<br />

Straße, ging ruhigen festen Schritts, ohne daß ich selbst wußte<br />

wohin. Vor dem Schaufenster eines Ladens blieb der Körper stehen<br />

und brannte eine Zigarette an. Aber in Wirklichkeit prüfte der<br />

Körper die Luft! Und der Körper nahm das Aroma, nach welchem er<br />

schnüffelte, tatsächlich wahr, nämlich fünf oder sieben Partikeln<br />

in gewiß tausend Kubikmetern Luft. Der Körper lachte, ich meine,<br />

der tat zumindest so, als würde er lachen, um endlich nichts<br />

anderes als diesen Duft einzusaugen; und für einen Augenblick<br />

bedünkte es sogar, als würde der Körper wieder zurücklaufen<br />

wollen, nämlich davonlaufen. Doch der lief nicht zurück noch fort!<br />

Statt dessen ging der Körper weiter, in unbeirrbarem gleichwohl<br />

unbeholfenem Takt. - - Mit jedem Meter, den der Körper<br />

zurücklegte, habe ich selbst mich einverstanden erklärt und nichts<br />

getan, ihn aufzuhalten. Jetzt wußte ich denn auch, daß der Körper<br />

zu den großen Plätzen und Chausseen strebte, nämlich zu jenen<br />

Orten ging der Körper, wo die Galerien und Kirchen oder die<br />

Kaffeehäuser gebaut worden waren, sintemal sich dort an jenem<br />

Morgen ein intensiver essenzenhafter Duft von Engeln gesammelt<br />

hatte. - - Der Körper zitterte, als er die Seitenstraße verließ<br />

und den Platz vor dem Dom betrat, über welchen der Körper dann<br />

spazierte wie ein Spion. Und der Körper war ein Spion! Der war<br />

gewiß nicht auf diesen Platz gelangt, um auf den Turm des Doms zu<br />

steigen oder um in einem der Kaffeehäuser zu verweilen für zwei<br />

Stunden oder länger. Statt dessen brannte der Körper abermals eine<br />

Zigarette an und inhalierte jenen pulpösen eindeutigen engelhaften<br />

Duft mit einer Gier, die endlich auch mich selbst betäubte. Jetzt<br />

sei es getan! - - Der Körper hatte es agnosziert, dieweil ich<br />

selbst einer Verzückung anheimfiel, die keinen Widerspruch mehr<br />

gestattete, sintemal das Engelchen, welches wir beobachteten,<br />

tatsächlich zufrieden lächelte. Sogleich stellte der Körper dem<br />

Engel nach, und in einem Moment der Unaufmerksamkeit raubte der<br />

Körper den Engel; wie ein Zauberer warf er sich über den und war<br />

entschwunden mit ihm, dieweil ich selbst noch dachte, daß wir<br />

geträumt hatten von ebensolchen Engeln und auch geschworen, denen<br />

kein Leid zu tun! - - Nun war der Engel des Körpers festgesetzter<br />

Gefangener. Und ich selbst wiederum dünkte gefangengenommen von<br />

diesen beiden! Denn was der Körper getan hatte, konvenierte mir,<br />

wie mir ja auch die Tatsache, einen Engel zu besitzen, gefiel. Und<br />

o, ich gehörte beiden! - - Der Körper kniete sich neben den Engel<br />

und berührte zuerst dessen Seiten geradeso, als würde Gott selbst<br />

das geschaffene Werk betasten, und als der Körper noch die Hand<br />

auf die Stirnseite des Engels legte, schien alles Geschaffene aus<br />

diesem Geschöpf hervorgegangen. - - Und o, als der Körper vor<br />

jenem Engel sich niederwarf, habe ich selbst nicht einmal gedacht<br />

gehabt, daß wir vielleicht das falsche tun! Denn der Engel – das<br />

wußte ich nun wohl – schmeckt unserer Seele so ungeläufig und zart<br />

wie der erste Schneekristall auf der Zunge eines Kindes.<br />

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