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© Heinrich Kantura/Peter Christoph Schwartz, A-1010 Wien, Hafnersteig 5/1/2/11<br />

ich wollte ja emporsteigen - ins<br />

himmlische licht hinauf; daß ich<br />

mich durchwandern kann ohne alle<br />

irrungen.<br />

Ein Gedicht zu schreiben hat keine Überlegungen notwendig.<br />

Zwar scheint die Sonne, hub ich an, zwar scheint die Sonne an<br />

diesem Dienstag auch sechsundzwanzig Minuten vor 16 Uhr 10 noch;<br />

aber was will das heißen? Daß die Dämmerung beginnt, hat er<br />

gesagt. Ja, gewiß ja, habe ich ihm larmoyant entgegnet, das ist<br />

schon wahr... Was willst du eigentlich sagen? frug er ein wenig<br />

ungeduldig und sah zu dem Fenster, so als ob er sich vergewissern<br />

müsse, daß die Dämmerung tatsächlich eingesetzt hatte. Aber<br />

sie...sterben, habe ich gesagt, sie sterben! - - Ich weiß<br />

natürlich nicht, habe ich gesagt, ich selbst weiß nicht, wann sie<br />

sterben oder ob sie an Tumoren sterben oder an Hungerödemen, oder<br />

wie viele überhaupt sterben...Natürlich weißt du das nicht, hat er<br />

gesagt, das weißt auch du nicht!...aber ich weiß endlich sehr gut,<br />

fuhr ich fort, daß sie sterben. Wir alle werden das, hat er<br />

gelächelt, wir alle müssen sterben. - - Und wie kannst du das<br />

ertragen, frug ich ihn nach zehn Minuten, während welcher ich<br />

vielleicht dreimal mein Genital berührt hatte für einige Atemzüge<br />

oder länger, daß mich also zumindest diese Berührung endlich<br />

tröste, wie ich mich nämlich auch damals immer wieder, als ich ein<br />

kleiner Junge war und zum ersten Mal wirklich kapierte, was<br />

Sterblichkeit bedeutet, regelmäßig solcherart betastet habe, wie<br />

kannst du das ertragen? Wieso kannst du lachen, fuhr ich fort,<br />

wieso kannst du das, wenn irgendwo irgendwer stirbt!? Aber ich--<br />

Nein, unterbrach ich ihn, nein, ich verlange ja nicht, daß du<br />

nicht mehr lachen sollst! - - Und was verlangst du? frug er<br />

schließlich. Ich mag den Tod nicht leiden, begann ich, ich mag den<br />

nicht, und ich habe ihn noch nie mögen, weil er so ganz<br />

rücksichtslos ist! Und der Tod, habe ich gerufen, ist vielleicht<br />

nur deshalb so rücksichtslos, nachdem unsere Gefühle oder unsere<br />

Gedanken so wehrlos sind ihm gegenüber, wenigstens bis zu jenem<br />

Moment, wo man ihm nur noch mit Indolenz begegnen kann! Sich den<br />

Tatsachen zu stellen, hat er geantwortet, ist keine<br />

Gleichgültigkeit. - - Wir kennen keine Tatsachen, habe ich<br />

begonnen, wir kennen bloß Vorstellungen, und von diesen<br />

Vorstellungen, die wir haben, glauben wir endlich alle, daß diese<br />

oder jene Vorstellungen Tatsachen sein müssen. Nur w-e-i-l wir<br />

Tatsachen brauchen, fuhr ich fort mich zu erklären, glauben wir an<br />

Tatsachen! ...<br />

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