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© Heinrich Kantura/Peter Christoph Schwartz, A-1010 Wien, Hafnersteig 5/1/2/11<br />

plötzlich bedünkte mich, daß er mich verraten wird einfach schon<br />

deshalb, weil an diesem Ort der Unterschied zwischen Spielern und<br />

Gespielten vollzogen wird an irgendeines Sternenrichters Statt,<br />

der die Menschen verwechselt und die Methoden.) Also was werde<br />

ich, habe ich mich wiederholt. Aber der Direktor antwortete nicht<br />

und war sichtlich bemüht um seine Atmung. Nun, Herr Direktor, hub<br />

ich an, wenn Sie meine Flucht begünstigen, wird man mich nach acht<br />

Tagen wieder aufgegriffen haben, nach acht oder nach elf Tagen,<br />

und die Sonne, die sich empört, wenn ich über Monde laufe, wird<br />

auch dieses Mal meine Spur verfolgen. Das wissen Sie sehr gut,<br />

Herr Direktor, erklärte ich, daß nämlich die Sonne-- Die Sonne<br />

will ich schon bezwingen, rief der Direktor erregt dazwischen und<br />

faßte nach meiner Hand geradeso wie man vielleicht nach einem<br />

Sterbenden faßt in jenem Moment, wo er den letzten Seufzer tut.<br />

Ach nun, hörte ich mich sagen, Sie wollen die Sonne niederringen<br />

wie irgendeinen Eskamoteur... Aber das wird Ihnen nicht gelingen,<br />

fuhr ich sogleich fort und löste mich aus seinem Griff, weil noch<br />

nicht einmal die Sonne verantwortlich ist für jene Geschichte,<br />

gegen welche wir ankämpfen! Verstehen Sie, Herr Direktor, erklärte<br />

ich mich, dieweil ich meine Augen öffnete und seinen Blick suchte,<br />

die Sonne ist nur ein Teil des Schauspiels, vielleicht sogar ein<br />

bedeutender Teil; doch ich weiß es nicht und niemand weiß es,<br />

nicht einmal die Sonne weiß es! - - Wenn wir sie also dereinst zu<br />

bezwingen vermöchten, hub ich an nach einer Pause von vielleicht<br />

sieben Minuten, während welcher der Direktor gewiß an seinen<br />

Treueschwur dachte, würden wir erkennen, was sie tatsächlich ist<br />

und warum wir verraten werden von den Sternenrichtern und ihren<br />

Vasallen. Aber wenn das passiert, fuhr ich fort, werden die<br />

Sternenrichter eine neue Sonne schaffen, und jene Geschichte,<br />

gegen die wir angekämpft haben, wird zum weiteren Mal ihren<br />

Fortlauf finden in den häßlichen morbiden rücksichtslosen<br />

Vorstellungen ebendieser Sternenrichter. Der Direktor versuchte zu<br />

lächeln, versuchte das Lächeln der Zuträger, welche zum Ende der<br />

Schlacht die Toten zählen und dabei eine Regung in sich spüren,<br />

eine Ahnung von Mitleid vielleicht oder eine Art von Trauer, die<br />

nach Vergebung drängt, und die dann doch nur lächeln, damit sie<br />

den eigenen Glauben nicht verlieren noch resignieren brauchen. Ja,<br />

lächeln Sie, spottete ich, lächeln Sie; aber vergessen Sie über<br />

Ihrem Lächeln die Wahrheit, die Sie behüten, nicht! Oh, die will<br />

ich wohl erachten, rief der Direktor amüsiert, und auch meine<br />

Treue halten. - - Der Direktor war gegangen, und ich stand jetzt<br />

vor dem vergitterten Fenster und suchte die Sonne zu sehen, die<br />

mich verraten hatte. Doch über das Firmament zogen Gewitterwolken<br />

wie Schauspieler zur Generalprobe, und hinter dem Reigen, den sie<br />

veranstalteten und den gewiß die Sonne ihnen anbefohlen hatte,<br />

konnte ich ebendiese Sonne erkennen für jene kurze Dauer, welche<br />

die Erinnerung braucht, um wieder abzutauchen in das Pandämonium<br />

längst vergessener Glückseligkeit. Die Sonne lächelte, geradeso<br />

wie vielleicht Claudius gelächelt hatte, als er das Gift in seines<br />

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