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© Heinrich Kantura/Peter Christoph Schwartz, A-1010 Wien, Hafnersteig 5/1/2/11<br />

bedünkte, frug mich, ob ich an der Table d´hôte speisen wolle oder<br />

in meinem Zimmer, sintemal ein Arzt schon reserviert hätte seit<br />

elf Tagen. Ich bot ihm eine Zigarette, die er wie ein schüchternes<br />

Kind nahm und sogleich in seine Seitentasche steckte vielleicht<br />

wie ein Priester das Stilett, welches er überreicht bekommt von<br />

einem, der den Mord, welchen er begangen, schließlich nicht anders<br />

hatte formulieren können als mit der Vorlage ebendieser Mordwaffe.<br />

Ob der denn Patienten empfange, dieweil er zu Tische sitzt, frug<br />

ich ihn also. Das gewiß nicht, hörte ich ihn antworten; aber die<br />

Handlungen von Ärzten seien endlich genausowenig vorhersagbar wie<br />

allenfalls-- Der Chef de rang stockte. Ja, frug ich ihn und dachte<br />

wieder an den zwölfjährigen Mozart, ja!? Nun, begann er zögernd, o<br />

ja, dieser Arzt ist keinesfalls irgendein Allopath, sondern-- Der<br />

Chef de rang unterbrach sich ein zweites Mal. Vielleicht wollen<br />

Sie endlich sagen, weshalb Sie gekommen sind, hub ich an, sintemal<br />

mich die häsitierende Art des Chef de rang zu erzürnen begann. Der<br />

wird ja kein Ophthalmologe sein, fuhr ich fort, der ausgerechnet<br />

meine Augen behandeln will, weil das-- Ich darf Sie jedenfalls<br />

davon in Kenntnis setzen, begann der Chef de rang plötzlich laut,<br />

daß wir Ihre Reservierung seit elf Tagen erwartet haben! Er hatte<br />

das gesagt wie ein Soldat der Ehrenwache, der zum Rapport befohlen<br />

ist, und war dann aus dem Zimmer gelaufen ohne Gruß. - - Jetzt war<br />

ich aber doch erstaunt, sintemal ich selbst jene Vormerkung, von<br />

welcher der Chef de rang gesprochen, tatsächlich niemals gefordert<br />

hatte! Ich war bloß durch die Stadt gelaufen wie an jedem Tag; und<br />

daß ich dann gestürzt war, hatte gewiß keine andere Bedeutung als<br />

die, daß es passiert war, vielleicht nur deshalb passiert war,<br />

weil das, was passieren kann, auch irgendwann einmal geschehen<br />

wird! Trotzdem war ich verwirrt, und zum dritten Male dachte ich<br />

an Mozart, an jenen Mozart, der vielleicht eine ebensolche<br />

Bestürzung agnoszieren hatte müssen in jenem Moment, als er nicht<br />

träumte. - - Ich brannte eine Zigarette an und nahm dann doch<br />

einen Schluck von jenem übelriechenden Wasser, nachdem nämlich ich<br />

nicht mehr wußte, ob es der Durst ist, der mir den Schlaf<br />

verbietet, oder die Einsamkeit. Aber ich wollte schlafen, ich<br />

meine, ich hatte ja die Fähigkeit zu schlafen noch vor Jahren und<br />

Zeiten wie jeder andere auch gehabt, als ich nicht auf der Suche<br />

war, in der ganzen Stadt, an jedem Tag; damals hatte ich schlafen<br />

können. Und ich hatte geträumt dabei! O, ich hatte nur die Augen<br />

schließen brauchen zur rechten Zeit, um dann aufzuwachen nach acht<br />

oder neun und bisweilen nach zehn Stunden ohne irgendeine Art der<br />

Somnolenz oder Traurigkeit, dieweil ich mich erinnerte an jene<br />

Träume, die mir vielleicht erlaubt worden waren! - - Nun ist es<br />

aber nicht so, daß ich durch die Stadt zu laufen begonnen habe nur<br />

deshalb, weil ich einen Geschichtenerzähler suchte oder um vor der<br />

Traurigkeit zu flüchten. Ich wußte ja sehr gut, daß die einmal<br />

verlorengegangenen Träume genausowenig zurückbefohlen werden<br />

konnten wie ein Kind, das die Straßenkreuzung quert ganz ohne<br />

Vorbehalt am Nachmittag um 16 Uhr 10, dieweil die Mutter, die<br />

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