PCSHK_R.pdf
PCSHK_R.pdf
PCSHK_R.pdf
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
© Heinrich Kantura/Peter Christoph Schwartz, A-1010 Wien, Hafnersteig 5/1/2/11<br />
Straße, auf welche ich vielleicht hätte blicken können, und<br />
endlich die ganze Stadt, zu erobern, als ich das erkannte, nämlich<br />
daß ich eingesperrt war. Es war wenige Minuten nach 16 Uhr, und<br />
ich glaubte ganz gewiß sagen zu können, daß ich selbst der einzige<br />
war, der davon bemerkte, daß wir uns, wie man sagt, schon mitten<br />
im Krieg befanden. - - Aber hinter den Fenstern auf der anderen<br />
Seite der Straße (und sicherlich in der ganzen Stadt) war der<br />
Schein des elektrischen Lichts noch genauso unbeteiligt an diesem<br />
Krieg wie die Männer der Schneekommandos, welche gewiß noch bei<br />
Tee und Tabak in ihren Unterkünften saßen. Doch der Krieg hatte<br />
ohne Zweifel bereits begonnen! Und es schien, daß nur ich selbst<br />
davon wußte. Denn die Fenster wurden nicht verdunkelt und keine<br />
Straßenlaternen abgeschaltet; noch nicht einmal über die<br />
Warnsirenen wurde Signal gegeben... - - Natürlich hatte es keine<br />
offizielle Kriegserklärung gegeben, zumindest war bislang nichts<br />
bekannt geworden. Das Fehlen einer solchen Benachrichtigung ist<br />
aber eine bloße Formsache, was also bedeutet, daß der Krieg zwar<br />
nicht erklärt wurde, aber doch bereits geführt wird. (Eine<br />
durchaus übliche Vorgehensweise, geschätzter Leser, die auch nicht<br />
so selten in den vergangenen Jahrzehnten zu beobachten gewesen<br />
war.) Trotzdem war ich selbst der einzige, der von diesem Krieg<br />
schon Kenntnis genommen hatte, und ich wußte sehr gut, daß wir ihn<br />
verlieren würden, daß wir der Übermacht des Feindes nicht<br />
standhalten würden können, nicht zuletzt einfach schon deshalb,<br />
weil wir den gegnerischen Truppen bestenfalls irgendwann<br />
gegenüberstehen werden in einer Ahnungslosigkeit, die endlich<br />
nicht mehr bedeuten wird als Wehrlosigkeit! - - Wie konnte das<br />
also passieren, daß unter all diesen Menschen ich allein von einem<br />
Krieg wußte, der nicht erklärt worden war und der aber doch<br />
bereits rekognosziert werden konnte? Man muß doch, habe ich<br />
gedacht, nicht erst mit Fesseln an den Händen und Füßen aufwachen,<br />
um zu erkennen, daß man erschossen werden wird oder gehängt! Es<br />
braucht doch bloß ein wenig Aufmerksamkeit mehr, um die Menetekel<br />
deuten zu lernen! - - Oh, aber ich weiß, wie diese Menschen<br />
reagieren werden, wenn sie nur endlich erkannt haben, daß sie sich<br />
im Krieg befinden: Begeisterung! - - Ja, die werden sich<br />
begeistern; sie werden ihre Söhne zu den Kasernen begleiten, als<br />
ob sie sonntags spazieren gingen, sie werden Kriegsanleihen<br />
zeichnen oder Metall sammeln, und sie werden die Scheiben jener<br />
zerschlagen, welche gegen diesen (oder überhaupt gegen jeden)<br />
Krieg argumentieren. Also wird der Krieg, welcher an den Grenzen<br />
begonnen hatte, fortgesetzt werden in den Städten und Dörfern und<br />
Siedlungen, bis hinein in die Wohnungen!<br />
Todesvariatonen:<br />
Man hatte ihn zwingen wollen, und es war ihnen gelungen. Die<br />
Folter ist ja ein Instrument, das selten einmal versagt! Also<br />
hatten sie zwei Stäbe genommen, zwei allenfalls ein Meter lange,<br />
29