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© Heinrich Kantura/Peter Christoph Schwartz, A-1010 Wien, Hafnersteig 5/1/2/11 nicht artikulieren! Schon in einer Masse von zehn Menschen kann untergegangen werden! Im Tod zerbricht der Hamletsche Widerstand wie ein Bohrstift von Glas! Es war Winter gewesen, als wir spaziergegangen an den Ufern eines Sees. Eine vielleicht vierundzwanzig Zentimeter dicke Platte von Eis hatte sich dort gebildet während einiger Nächte, und es bedünkte mich, als würde das Wasser darunter stöhnen, als würde es nach mir rufen, daß ich das Eis zerschlage. Ich wollte es auch tun! Ich stand schon auf dem Eis und überlegte, an welcher Stelle die mitgebrachte Axt solcherart klug eindringen würde müssen, daß das Eis ganz zersplittern möchte, als ich die gegnerischen Späher rekognoszierte, wie sie sich von vier Seiten näherten. Die kamen über die Anhöhen gelaufen; über Berghänge, die wie Soldaten gekleidet waren, kamen sie. ... Die Zeit, die in der Gestalt eines Hundes neben mir gelegen hatte und meine rechte Hand zerbiß, habe ich mit der anderen karessiert. Auch sie schien mich zu mögen! Und ich selbst hatte das Gefühl, daß sie, obschon sie an meiner Hand kaute mit einer Inbrunst, die ihr vielleicht angeordnet worden war, ich selbst hatte tatsächlich das Gefühl, daß sie mich achtete, indem sie ihre Zähne in mein Fleisch bohrte. Es war das aber ein Schmerz gewesen, wie er vielleicht ansonsten nur den Soldaten passiert, die in den Schützengräben die Sekunden bis zur nächsten Detonation zählen. – - Allein, ich bin kein Kynologe, daß ich Ihnen sagen kann, welcher Rasse dieser Hund angehörte. Sein Fell war schwarz, vielleicht so schwarz wie verbranntes Menschenfleisch, und zerzaust. Er hatte einen Schädel, der so langgeformt und spitz war wie der Sprengkopf eines Marschflugkörpers, und seine Läufe schienen genauso muskulös wie jene eines Löwen im Sprunge. Aber das ist alles, was ich sagen kann über diesen Hund! Ich erinnere mich weder seiner Augen, noch weiß ich das Geschlecht. - - Schließlich war es eine zweite Gestalt, die meine Aufmerksamkeit verlangte, sodaß ich die Zeit, die als Hund zuvor erschienen war, nicht mehr zu antichambrieren suchte mit meiner Linken. Als sich das Skelett auf mich legte, habe ich nämlich diese Hand gebraucht, seine Rippen zu betasten! - - Ich weiß nicht, warum ich dessen Rippenknochen berührt hatte, vielleicht auf die gleiche Art berührt hatte wie man einmal als Kind über die zähe Haut einer Poularde seine Finger einfach nur deshalb dirigieren hat müssen, um deren Rippen zu zählen. Ich weiß das nicht! - - Doch war es ein schönes Skelett, ich meine, es war nicht eine abstoßende oder gar eine gespenstische Erscheinung! 34
© Heinrich Kantura/Peter Christoph Schwartz, A-1010 Wien, Hafnersteig 5/1/2/11 Auch war es nicht begierig auf mein Fleisch wie die Zeit, die in der Gestalt eines Hundes immer noch meine rechte Hand zerbiß! Trotzdem schien es mir, als würde das Skelett etwas fordern wollen, sintemal es sich auf mich gelegt und damit begonnen hatte, mich zu liebkosen. ... als ich die gedanken als gespenster hörte und das denken so sehr fürchtete, daß ich davonzufliegen wagte... – oh, ich war nicht eingetaucht ins himmlische, ich war gestürzt; wie eos - die dem kephalos gebührt! - war ich aus dem morgen gefallen in dunkle nacht hinunter, und dort hab ich alle meine gespenster, die gedanken waren, wiedergefunden. und ich hab mich so gefürchtet ein zweites mal, daß ich emporsteigen wollte aus jenem sumpf selbstauferlegter verzweiflung, daß ich den phönix grüßen kann, daß der die gedanken - die gespenster sind! - verbrennen soll am nächsten morgen, daß er sie den flammen der eignen beschaffenheit denn überreiche, daß die nicht mehr aufersteh´n! Hier waren die Geräusche und Melodien andere, unbekannte, mühevolle. Als er sie auseinanderzureißen begann, sie aufs neue zu lernen, explodierte ein Schmerz in seinen Ohren mehr und mehr. Indes war auf den Rücken der Anhöhen eine Reiterschaft zu sehen. Was geschlafen hatte, war erwacht! - - Das wälzte sich, streckte seine Arme; und es gähnte so moribund wie ein Scheintoter am zwölften Tag seines rauschhaften Zustandes. Vielleicht war das ein Scheintoter, der seine Finger nur deshalb bewegte, um nach dem Totengräber zu fassen, den er versucht hatte in seinen Erinnerungen zu behalten, dessen rauhe somnambule Physiognomie er nicht zu vergessen angehalten war! - - Nun weiß der sehr gut, daß er ihn niemals berührt hatte, daß er während dieser zwölf Tage 35
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