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© Heinrich Kantura/Peter Christoph Schwartz, A-1010 Wien, Hafnersteig 5/1/2/11<br />

lästern sich bereitet hatte, nein, Sie können die Vorstellung von<br />

Immortalität nicht mehr aus der Welt schaffen, ich meine, Sie<br />

können die Unsterblichkeit als eine Theorie definieren; aber Sie<br />

werden das nicht widerlegen können. Mein lieber Freund, hub jene<br />

Stimme an, mein lieber-- Nein, unterbrach ich, nein, ich weiß, was<br />

Sie sagen wollen, und Sie müssen mir das nicht sagen! - - Ich will<br />

nur sagen, begann ich schließlich zögernd nach einer Pause von<br />

vielleicht sieben Minuten, ich meine, Sie können auch daraus eine<br />

Theorie machen...nämlich Sie können natürlich auch sagen, daß der<br />

Unsterblichkeit ein Bedürfnis zugrundeliegt...und daß dieses<br />

Bedürfnis wiederum nur eine Theorie ist... Verstehen Sie, suchte<br />

ich weiter zu erklären, nachdem man nicht einmal gegen mich zu<br />

argumentieren sich bemühte, verstehen Sie, Sie können das als eine<br />

Theorie betrachten; aber widerlegen werden Sie es nicht können.<br />

Ich habe noch nie ein Schwarz gesehen vor einem Weiß, habe ich<br />

geantwortet auf ihre Frage, warum ich Goethe, diesen Johann<br />

Wolfgang, keinen zu lesen aufgefordert habe in den vergangenen<br />

zehn Jahren. Aber Sie werden doch nicht die Insolenz haben, wurde<br />

ich sogleich gescholten, Sie können doch nicht tatsächlich so<br />

unverschämt sein, daß Sie die Schriften Goethes verlästern! Oh,<br />

habe ich gelächelt, oh, Sie wissen gut, daß dieser Johann Wolfgang<br />

vielleicht noch gelesen wird von Verrückten oder von Ärzten. - -<br />

Ob ich in meine Zelle zurückgehen könne, frug ich. Nein, nein,<br />

lieber Herr, hörte ich eine Stimme, Sie bleiben! Nun, begann ich<br />

schließlich, nachdem man mir eine Schachtel Zigaretten gereicht<br />

hatte und ein Päckchen Zündhölzer, nun, Sie wollen gewiß erfahren,<br />

weshalb ich so denke über Goethe. Ja, das wollen wir tatsächlich<br />

wissen, hörte ich zwei Stimmen, das wollen wir. Und wir wollen<br />

auch, hörte ich eine dritte Stimme, wir wollen auch wissen, warum<br />

Sie überhaupt so defätistisch sind. Oh, antwortete ich, oh, ich<br />

bin kein Defätist. Sie selbst aber, meine Herren, fuhr ich wütend<br />

fort, Sie selbst sind doch endlich für den Defätismus...Seien Sie<br />

still, wurde ich laut zurechtgewiesen, seien Sie still!...weil Sie<br />

weder Morus gelesen haben noch Campanella oder Orwell! - - Mein<br />

lieber Freund, begann schließlich der zweite dieser fünf, mein<br />

lieber guter Freund... Sie wissen ja, fuhr der vierte fort, daß<br />

wir hier alle nur Ihr Bestes wollen... Ihr Bestes, sagte der<br />

erste, daß Sie das nicht vergessen. Ich vergesse nichts so bald,<br />

lächelte ich und brannte eine Zigarette an. Auch das wissen wir,<br />

sagte der dritte, und wir werden darüber noch sprechen müssen. Ja,<br />

ja, sagte ich süffisant, wir werden hier ja über alles sprechen...<br />

Und das hat schon Sinn so, lächelte der fünfte, und sein Lächeln<br />

bedünkte mich das Lächeln eines Hohepriesters. Was die Welt im<br />

Innersten zusammenhält, skandierte ich dreimal auf eine durchaus<br />

pejorative Weise. O, mein lieber Freund, o, staunte der zweite...<br />

Sie kennen Goethe ja sehr gut, erklärte der erste, und-- Und jetzt<br />

bin ich Ihnen bereits so sympathisch, unterbrach ich ihn lachend,<br />

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