Reise nach Zypern - Eberhardt TRAVEL
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Hölzerne Laufgänge, erhöht über den ausgegrabenen Mauernabschnitten angebracht, zwingen<br />
den Besucher zur Disziplin, nicht zwischen den Steinen, den herrlichen Mosaiken<br />
herumzulaufen und die Zeugnisse der Vergangenheit zu vernichten. Ich kenne Zustände in der<br />
Türkei, wo jährlich Hunderttausende über die Gräberfelder walzen, rücksichtslos über die<br />
Artifakte turnen, ihre dummen Sprüche und Initialen in die Steine ritzen und anderen Unfug<br />
treiben. Die Achtung vor der Vergangenheit beginnt mit der Achtung vor dem Alter. Wenn<br />
ich unsere Gesellschaft betrachte:<br />
Wo ist diese Achtung geblieben?<br />
Ein erstes sehr gut erhaltenes<br />
Mosaik zeigt die Göttin Ktisis, eine<br />
weibliche Personifizierung des<br />
schöpferischen Geistes, mit dem<br />
Messstab in der Hand, die genau<br />
einem römischen Fuß entspricht,<br />
einem Grundmaß des Bauwesens.<br />
Nach Berichten des römischen<br />
Historikers Ammanius Marcellinus Ausgrabungen in Kourion: Theater und Haus des Eustólios<br />
erlitt die Stadt Kourion in den frühen Morgenstunden des<br />
21. Juli 365 n. Chr. ein Erdbeben, das die Stadt<br />
vollständig zerstörte und die meisten Menschen im Schlaf<br />
überraschte. Bei Ausgrabungen 1934 und 1984 – 1987<br />
entdeckte man die Reste eines Wohnhauses und Skelette<br />
seiner einstigen Bewohner.<br />
Nimmt man das Datum und blickt in die Geschichte, so<br />
sind also schon nicht mehr die Römer die Herrscher über<br />
<strong>Zypern</strong>. Nach dem Konzil von Nikäa im Jahre 325 gehört<br />
<strong>Zypern</strong> zum Oströmischen Reich, als Byzanz bekannt.<br />
Das Christentum wird Staatsreligion. Kaiserin Helena<br />
besucht <strong>Zypern</strong>. Doch in diesem 4. Jahrhundert zerstören<br />
Erdbeben die großen Städte <strong>Zypern</strong>s völlig.<br />
Haus des Eustólios, Ktisis, Mosaik<br />
Das ausgegrabene Haus des Eustólios ist zum großen Teil überdacht. Man hat bei den<br />
Grabungen die Skelette einer Familie gefunden, die sicher vom Erdbeben beim Einsturz des<br />
Hauses überrascht wurde. Der Mann hat sich in rührender Weise<br />
über die Körper seiner Frau und seines Kleinkindes geworfen,<br />
um sie vor den herabfallenden Steinen zu schützen. Der Mann<br />
war um die 25, die Frau 19 und das Kind höchstens eineinhalb<br />
Jahre alt. Eine Tragödie vor 1640 Jahren. Man nennt sie „Romeo<br />
und Julia von Kourion“. Wenn ich das noch weitergeben darf,<br />
was ich im Baedeker las: „Im be<strong>nach</strong>barten Stall lagen die<br />
Skelette eines 13jährigen Mädchens und eines Esels. Die<br />
Untersuchungen ergaben, dass das Mädchen schon vor dem<br />
Erdbeben tot war. Vermutlich war der Esel vor Ausbruch des<br />
Bebens unruhig geworden. Das Mädchen wollte <strong>nach</strong> ihm<br />
schauen und wurde von Hufschlägen des sich aufbäumenden<br />
Tieres getroffen, bevor dann der Stall über ihnen<br />
zusammenstürzte. Der Esel war noch mit einer Eisenkette an<br />
einem 360 kg schweren Futtertrog aus Kalkstein angekettet. Die<br />
beiden Halfterringe, einer aus Eisen, einer aus Bronze, waren an<br />
seinem Maul.“<br />
Die Geschichte der Menschheit ist immer eine Geschichte von<br />
Skelette einer Kleinfamilie<br />
Museum Episkopi<br />
Foto Baedeker<br />
© Rolf Bührend, Herbst/Winter 2006 Seite 102<br />
Katastrophen gewesen. Die haften im Gedächtnis an die<br />
Altvorderen. In ihr spielen auch die Religionen eine große Rolle.