Reise nach Zypern - Eberhardt TRAVEL
Reise nach Zypern - Eberhardt TRAVEL
Reise nach Zypern - Eberhardt TRAVEL
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die Mauern sind sehr dick, schräg gestellt und von einem Wassergraben umzogen. Unter den<br />
fränkischen Kreuzrittern hieß das zyprische Lefkosia nun Nikosia. Trotz der starken Mauern<br />
erstürmte das Heer Mustafa Paschas <strong>nach</strong> siebenwöchiger Belagerung am 20. Juli 1570 die<br />
Stadt. 20 000 Bewohner verloren dabei ihr Leben. Nikosia blieb bis 1878 in türkischem<br />
Besitz, fast wieder dreihundert Jahre. Von da an nahmen die Briten von der Insel Besitz,<br />
machten es zur Kolonie und herrschten uneingeschränkt bis 1960.<br />
Das heiße Wetter sprang uns an, als wir dem Bus entstiegen. Vor uns prangte im gleißenden<br />
Sonnenlicht der erzbischöfliche Palast mit einem überlebensgroßen Denkmal von Makarios<br />
davor. Der Palast wurde zwischen 1956 und 1961 im neubyzantinischen Stile erbaut. Er ist<br />
heute Mittelpunkt der orthodoxen Kirche <strong>Zypern</strong>s. Makarios kam knapp mit dem Leben<br />
davon, als die Putschisten 1974 den Palast mit ihrer Artillerie beschossen.<br />
Da standen wir nun, mitten in Nikosia. Die Stadt sagte noch Sie zu mir und stellte mir ihre<br />
ersten Kostbarkeiten vor. Hinter den Säulenbögen des Palastes schimmerten kostbare<br />
marmorne Wandtäfelungen. Doch alles schien ohne Leben zu sein. Im ganzen Areal war<br />
niemand zu sehen. Eine Messing- Tafel wies auf ein kirchliches Ikonen- Museum im<br />
Nebentrakt des Palastes. Es beherbergt Tafelbilder, Freskenreste und Ikonen aus den Kirchen<br />
<strong>Zypern</strong>s.<br />
Das erste Ziel der Stadtführung war ein Denkmal des UNESCO- Weltkulturerbes- die Agios<br />
Ioannis, die Johanniskathedrale. Fotografieren verboten, wies uns Antonio an. Schade, aber<br />
einzusehen. Das Blitzlichtgewitter der Touristenapparate, die Ausdünstungen der<br />
Menschenkörper haben schon so manchem alten Kunstwerk zugesetzt und die Restauratoren<br />
zur Verzweiflung gebracht. Durch eine niedrige Tür traten wir in einen relativ kleinen<br />
einschiffigen Kirchenraum ein, der von einer über und über bemalten, tonnenförmigen Decke<br />
überwölbt ist.<br />
Die Ikonostase 13 strotzte von Gold<br />
und Silber und wies eine Vielzahl<br />
reich geschmückter Ikonen auf.<br />
Genau wie die römischen, so boten<br />
auch die Ostkirchen ihren<br />
Gläubigen Bilder an, um ihnen die<br />
Heilsgeschichte nahe zu bringen.<br />
So erzählten auch die Decken und<br />
Wandfresken viele und die<br />
wichtigsten Geschichten aus dem<br />
Alten und Neuen Testament. Ein<br />
trotz Verbot aus der Hüfte<br />
abgedrückter Schnappschuss mag<br />
verdeutlichen, dass eine<br />
Schilderung dieses für meine<br />
Begriffe mit Blattgold überladenen<br />
Nikosia, Johannis- Kathedrale, Ikonostasis<br />
und förmlich überquellenden Reichtums an Bildern und schmückenden Ornamenten schwer<br />
möglich ist. Sie spricht zu den Sinnen des religiösen Menschen, blendet ihn, nimmt ihn<br />
gefangen und entführt den Gläubigen in die Welt des Übersinnlichen.<br />
Die Johanniskathedrale stammt aus dem Jahre 1662 und wurde unter Erzbischof Nikiforos auf<br />
dem Grund einer ehemaligen Benediktinerkirche aus fränkischer Zeit errichtet. Ihre<br />
Ausmalung mit diesen herrlichen Fresken in post-byzantinischer Manier erfolgte aber erst <strong>nach</strong><br />
1730, als diese Kirche zur Kathedrale erhoben wurde. Sie wurden restauriert und begeistern<br />
heute jeden Kunstfreund und erbauen natürlich vorrangig die Gläubigen.<br />
13<br />
Ikonostase = Reich mit Ikonen geschmückte Trennwand zwischen Altar- und Gemeinderaum in orthodoxen<br />
Kirchen<br />
© Rolf Bührend, Herbst/Winter 2006 Seite 27