Reise nach Zypern - Eberhardt TRAVEL
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fremde Herren. Als es zu weiteren Aufständen kommt, wollen die Templer die Insel wieder loswerden.<br />
Nach einer schwierigen Finanztransaktion vergibt Richard <strong>Zypern</strong> dann an König Guido von Lusignan.<br />
<strong>Zypern</strong> bleibt rund dreihundert Jahre im Besitz europäischer Feudalherren.<br />
Der Chronist Neophytus von <strong>Zypern</strong> schreibt über Richard:<br />
„Der Engländer plünderte das Land aus und segelte <strong>nach</strong> Jerusalem, dabei hinterließ er Vasallen, die<br />
weiter raubten und ihm die Beute <strong>nach</strong>sandten. Er erreichte nichts, der Sünder, der er war, gegen den<br />
Mitsünder Saladin, er erreichte nichts als den Verkauf von <strong>Zypern</strong> an die Lateiner... Groß war die<br />
Klage und unerträglich die Düsternis, die von Norden kam, wie es prophezeit war.”<br />
Wie es mit Richard weiterging, ist noch eine lange Geschichte. Sein Name wird im Zusammenhang<br />
mit <strong>Zypern</strong> nicht mehr erwähnt, höchstens noch einmal, als er im April 1192 dem Guido von Lusignan<br />
es ermöglicht, den Templern die Insel <strong>Zypern</strong> abzukaufen.<br />
Er zieht mit seinen 25 Schiffen in die Schlacht <strong>nach</strong> Akkon, das <strong>nach</strong> blutigen Kämpfen am 12. Juli<br />
1191 erobert wird. Als sein Gegner Saladin nicht rechtzeitig Lösegeld herbeischafft, lässt Richard am<br />
20. August 1191 ein entsetzliches Blutbad anrichten, bei dem 2700 muslimische Männer, Frauen und<br />
Kinder hingemeuchelt werden.<br />
Zwei Tage <strong>nach</strong> dem Massaker bricht Richard mit seinem Heer <strong>nach</strong> Jerusalem auf. Von einer<br />
Belagerung dieser Stadt sieht er wegen hereinbrechenden Winters ab und bläst im Oktober 1192<br />
zum Rückzug übers Meer. Sein weiterer Weg ist genauso abenteuerlich wie der vorige, aber im<br />
Zusammenhang mit <strong>Zypern</strong> nicht mehr interessant.<br />
Dennoch will ich der Vollständigkeit halber seinen Weg bis an sein Ende <strong>nach</strong>zeichnen:<br />
Richard unternimmt noch einen vergeblichen Vorstoß auf Jerusalem und Saladin scheitert bei dem<br />
Versuch, Jaffa zu erobern. Ende August 1192 wird deutlich, dass keine Seite in der Lage ist, eine<br />
Entscheidung zu erzwingen. Richard schließt mit Saladin einen Waffenstillstand über fünf Jahre. Die<br />
eroberten Küstenstädte bleiben im Besitz der Christen, nur Askalon muss niedergerissen werden.<br />
Pilgern wird der freie Zugang zu den heiligen Stätten in Jerusalem garantiert. Vor Saladins Gesandten<br />
müssen die Barone des Königreichs die Einhaltung des Vertrags beschwören.<br />
Anfang Oktober 1192 tritt Richard von Akkon aus die Heimreise an. Sein Ziel, die Eroberung<br />
Jerusalems, hat er nicht erreicht. Dass ein Küstenstreifen Palästinas wieder in christlicher Hand ist,<br />
kann er sich als Verdienst anrechnen. Seine Heimreise verläuft abenteuerlich, aber wenig glücklich.<br />
Eine Landung in Südfrankreich oder Italien will Richard offenbar vermeiden. Die Winterstürme lassen<br />
eine möglichst kurze Seereise ratsam erscheinen. Richard verlässt auf Korfu sein Schiff, segelt mit<br />
gemieteten Booten an der dalmatinischen Küste entlang und landet schließlich mit wenigen Begleitern<br />
nahe bei Venedig. Von dort aus nimmt er den Landweg in Richtung Wien.<br />
Er befindet sich nun auf dem Gebiet Leopolds von Osterreich, den er sich in Akkon zum Feind<br />
gemacht hat. Richard reist in der Verkleidung eines einfachen Pilgers. Die Berichte sind legendär<br />
gefärbt. Sein Talent als Mime reicht offenbar nicht aus, um einen Mann aus dem Volk zu spielen. In<br />
der Chronik »Itinerarium Regis Ricardi« wird beschrieben, wie Richard als König auftrat.<br />
Richard wird Ende Dezember 1192 gefangen genommen, wahrscheinlich in einem Gasthaus bei<br />
Wien. Die Chronisten vermuten, Richard habe zuviel Geld ausgegeben. Die Schergen, die ihn dingfest<br />
machen, ahnen die Folgen nicht. Die Verhaftung verändert die Machtverhältnisse in Europa.<br />
Leopold von Osterreich lässt Richard auf die Burg Dürnstein bringen. Es steht schlecht um ihn.<br />
Richards Gegner hatten üble Nachrede in Europa verbreiten lassen: Richard habe Philipp verraten,<br />
mit Saladin paktiert und Konrad von Montferrat ermorden lassen. Leopold meldet dem Staufer<br />
Heinrich, inzwischen Kaiser Heinrich VI., den wertvollen Fang.<br />
Ein gewaltiges politisches Geschäft läuft an, während Richard in sein Gefängnis auf Dürnstein<br />
gebracht wird. Dass der treue Sänger Blondel Richard hier <strong>nach</strong> langer Suche gefunden habe, wird<br />
von den zeitgenössischen Chronisten nicht vermerkt. Diese Legende ist später entstanden.<br />
Im Februar 1193 nimmt Leopold Richard mit <strong>nach</strong> Regensburg, um mit Kaiser Heinrich VI. den Preis<br />
für die Übergabe zu verhandeln. Da Leopold befürchtet, die Kaiserlichen könnten sich Richards<br />
unentgeltlich bemächtigen, schickt er ihn zurück <strong>nach</strong> Dürnstein. Der Preis für den kostbaren<br />
Gefangenen wird auf hunderttausend Mark festgesetzt. Außerdem soll Richard mit fünfzig Schiffen<br />
und zweihundert Rittern Kaiser Heinrich bei der Eroberung Siziliens beistehen. Das war auch für einen<br />
König ziemlich viel.<br />
Im März 1193 hält Kaiser Heinrich in Speyer Gericht über Richard. Er wird angeklagt, durch den<br />
Vertrag mit Saladin das Königreich Jerusalem verraten zu haben. Weiterhin wird ihm unterstellt, er<br />
habe den Mord an Konrad von Montferrat angestiftet. Richard weist die Anschuldigungen zurück. Die<br />
Art und Weise, wie er das tut, beeindruckt den Kaiser.<br />
Heinrich VI. lässt die Anschuldigungen fallen, lobt Richards Taten und gibt ihm den Friedenskuss. Der<br />
Freispruch hat keineswegs Richards Entlassung zur Folge. Der Kaiser setzt das Lösegeld auf<br />
einhundertfünfzigtausend Mark fest. In England wird eine Einkommensteuer von fünfundzwanzig<br />
Prozent erhoben, um Richard loszukaufen.<br />
Richard, als Kreuzfahrer eigentlich unantastbar, bleibt weiter in Haft.<br />
© Rolf Bührend, Herbst/Winter 2006 Seite 58