Reise nach Zypern - Eberhardt TRAVEL
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Zum Inventar gehören ein Predigtstuhl (Kursi), Lesepulte (Rahle), Korankästen,<br />
Moscheeampeln und Gebetsteppiche (Sedschadea). Natürlich suche und finde ich innen auch<br />
christliches Steinwerk. Die Kapitelle der Säulen vor dem Chorumgang, die Maßwerksfenster,<br />
die nun in gelben Farben leuchten, die Rippenbögen der gotischen Deckengewölbe weisen auf<br />
die Ersterbauer und entlarven die Eroberer, die in großen runden Tafeln mit Kalligrafien die<br />
Sprüche des Korans preisen. Ich kann die in arabischer Schrift gehaltenen Jahreszahlen<br />
entziffern: 1290 und 1280 ( ١٢٩٠ und ١٢٨٠)<br />
Leider finde ich keine geschichtlichen<br />
Ereignisse, die hinter diesen Daten stehen. So können es nur Daten sein, die dieses Gotteshaus<br />
selbst betreffen.<br />
Vereinzelte Gläubige hocken oder knien in der Nähe der Säulen. Ich bemühe mich, ihre<br />
Andacht nicht dadurch zu stören, indem ich zwischen ihnen und der Kanzel durchlaufe.<br />
Manche von unserer Gruppe wissen das nicht. Wir Ungläubigen sind in einer Moschee nur<br />
geduldet. Allah ist groß. Vielleicht betet er unseretwegen die 109. Sure (Die Ungläubigen):<br />
Sprich: O ihr Ungläubigen,<br />
Ich diene nicht dem, dem ihr dienet,<br />
Und ihr seid nicht Diener dessen, dem ich diene.<br />
Und ich bin nicht Diener dessen, dem ihr dientet,<br />
Und ihr seid nicht Diener dessen, dem ich diene.<br />
Euch eure Religion und mir meine Religion.<br />
Wie tolerant! Ich mache einige Fotos und ziehe dann mühsam<br />
die Schuhe an die aufgequollenen Füße, als wir wieder unter die<br />
schattigen Rippengewölbe der Spitzbogenvorhalle heraustreten.<br />
Bald formiert sich die<br />
Gruppenschlange, von dem<br />
Mann in Gelb wieder zusammen<br />
gehalten. Gelassen und beinahe<br />
apathisch sitzen die<br />
„Tempelwächter“ auf einer Bank und warten darauf, dem<br />
Touristen etwas von dem Kram zu verkaufen, den die Händler<br />
zusammengetragen haben. Teile eines seltsamen Gotteshauses,<br />
des „Bedesten“ (türk. überdachter Markt) sind eingerüstet. Die<br />
verrosten Rüststangen zeugen von jahrelanger Standzeit und<br />
wenig Geld der Stadtverwaltung. Dieses gotische Bauwerk aus<br />
dem 12. Jh. vereinigt byzantinische, gotische und<br />
venezianische Stilelemente in sich und hat durch Erdbeben<br />
stark gelitten. Hinter der Kathedrale steht die Sultan-Mahmut-<br />
Bibliothek, heute genutzt von der „Assoziation of Friends of<br />
Museum“. Sicher war es früher der Sitz der Domherren. Es war nicht weit zur Markthalle.<br />
Vorher staunte ich über eine einsame Dattelpalme, die zum Abernten mit einer stationären<br />
Leiter versehen war. In einem Torgang staunte ich über die vorsintflutliche Elektrik an<br />
manchen Häusern. Die Markthalle von Nikosia Nord ist modern und voller Leben. Von Obst<br />
über Gemüse, verpackte Lebensmittel, Fleisch bis hin zu Süßigkeiten findet man hier alles.<br />
Auch Schmuck, Kleider, Schuhe und Unterhaltungselektronik werden angeboten.<br />
Wir schlendern durch die Hauptgasse, von<br />
neugierigen Blicken verfolgt. Die Einheimischen<br />
wissen, dass wieder einmal Touristen, an denen sie<br />
nichts verdienen, sie nur an ihrem Tagwerk hindern.<br />
Vereinzelte werbende Gesten, die mich näher an den<br />
Stand locken wollen oder Versuche, mit Anrufen<br />
mich zu ködern, Käufer zu werden, muss ich<br />
bedauernd ablehnen. Ich brauche nichts. So bleiben<br />
wir durchziehende Statisten in diesem lebendigen<br />
Bühnenwerk oder um es anders zu vergleichen-<br />
© Rolf Bührend, Herbst/Winter 2006 Seite 34