Reise nach Zypern - Eberhardt TRAVEL
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XIII. Wanderungen um und in Agros und Mezé- Essen in der Taverna<br />
Dienstag, 3. Oktober 2006<br />
Wir erleben den sechsten Tag unserer <strong>Reise</strong>. Erst 16 Uhr treffen wir uns alle wieder zu<br />
gemeinsamem Tun. Heute Vormittag müssen wir unser Programm selbst gestalten.<br />
Im Baedeker las ich von dem ehemaligen Kloster Palaichóri, einem kleinen<br />
malerischen Ort, der etwa 10 km Luftlinie von hier entfernt liegt. Hier soll es eine Kirche aus<br />
dem frühen 16. Jahrhundert geben, die voll mit schönen Fresken ausgekleidet ist.<br />
Weltkulturerbe der UNESCO. Ich interveniere bei der <strong>Reise</strong>leitung- keine Möglichkeit.<br />
Außerdem lese ich, das nur montags und mittwochs geöffnet ist. Zum Laufen ist es zu weit.<br />
25 km Wanderung würde uns beide überfordern. Also laufen wir beide, Martina und ich,<br />
einfach los, aufs Geratewohl.<br />
Anfangs gehen wir einige Zeit mit dem Ehepaar Schelter aus Erfurt, doch Martina will immer<br />
wieder ausscheren. Sie ist heute nicht sehr kommunikationsfreudig. Außerdem wandert sie<br />
nicht gern in Gesellschaft. Ich will zudem etwas höher hinaus- man nehme das nicht allzu<br />
wörtlich. Wir wählen einen Pfad, der in die Höhe führt, Schelters folgen den Windungen der<br />
Straße weiter. Tschüs.<br />
Wir sind hier in der Gegend von Agros mitten in den Pitsilia- Bergen, die ein östlicher Teil<br />
des Troodos- Massivs sind. Ihre Hügel und Täler pendeln zwischen Höhen von 1100 und<br />
1400 Metern. Die Strahlen der Sonne wärmen kräftig, doch die frische Bergluft mildert das<br />
Klima. Wir treffen ein uraltes Bauernpaar, das auf einem ebenso uralten Toyota- Pickup aus<br />
seinem Weinberge kommt. Auf der Ladefläche Plastikkisten mit Trauben. Wir grüßen. Sie<br />
winken zurück. Sie haben Wein gelesen, ohne fremde Hilfe, ohne jugendlichen Nachwuchs.<br />
Es ist die Situation wie bei uns: Landflucht. Die Alten sterben aus. Ich denke an die steinalten<br />
Rebstöcke von gestern Abend und den alten Mann mit seinem Esel. Es gibt hier Weinberge,<br />
langsam verfallende Terrassen, die nicht mehr bearbeitet werden, weil die Besitzer zu alt und<br />
ohne Nachwuchs sind. Wie doch die Folgen der Weltwirtschaft bis in die kleinsten und<br />
fernsten Winkel dringen! Uralte, jahrhundertelange Traditionen sterben in weniger als einer<br />
Generation.<br />
Wir steigen stetig. Bald können wir das Rodon- Hotel ganz weit unten sehen, fast wie bei<br />
einer Luftaufnahme. Da weitet sich mein Herz. Das ist der Lohn des Steigens, der Mühe. Der<br />
Brustkorb dehnt sich- tief durchatmen: Wie schön ist das Leben! Wie schön ist die Natur!<br />
Weit hinten am Horizont strecken sich<br />
die blauen Berge des Troodos-<br />
Gebirges mit der weißen Kugel des<br />
knapp 2000 m hohen Olympos-<br />
Berges, der höchsten Erhebung von<br />
<strong>Zypern</strong>. Um uns ist nun vertrocknetes<br />
Gesträuch und dorniges Gestrüpp. Wir<br />
sind jetzt in der Höhe, auf fast nicht<br />
mehr erkennbaren Wegen der Winzer,<br />
die zu ihren Besitzungen führen.<br />
Nichts ist abgegrenzt. Ich will hoch.<br />
Wir stapfen einen steinigen Pfad, der<br />
am immer steiler und abschüssiger<br />
werdenden Hang entlang führt und<br />
irgendwann aufhört ein Weg zu sein.<br />
Blick auf das Troodos- Gebirge mit dem Olympos<br />
Ich schaue <strong>nach</strong> oben und sehe einen Strommast. Der wird sicher an einem Weg stehen und<br />
zugänglich sein. Nun klimmen wir die Falllinie empor, müssen manchmal die Hände beim<br />
Klettern zu Hilfe nehmen. Martina beklagt sich schon, ich hätte sie in die Irre geführt. Ich<br />
© Rolf Bührend, Herbst/Winter 2006 Seite 67