Reise nach Zypern - Eberhardt TRAVEL
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Der unauffällige Bau des Hauses sowie der Flachbau<br />
schmiegt sich eng, ja verwächst mit dem Hang, der sich<br />
über dem Ufer des Baches erhebt. Drinnen in dem<br />
Flachbau sitzen schon <strong>Reise</strong>gruppen an langen Tischen.<br />
Wir werden an einen langen, freien Tisch gelotst, der<br />
schön eingedeckt ist, sitzen recht eng, auf jeder Seite 15<br />
Leute. In Karaffen stehen Wasser und Wein zur<br />
Selbstbedienung. Ein etwas schmuddeliger Mann trägt<br />
die Speisen auf. Es wiederholt sich in Abwandlung die<br />
Zeremonie einer Mezé. Das Essen soll 17 Gänge gehabt<br />
haben, ich habe nicht gezählt. Je mehr also angeboten<br />
werden, desto stolzer ist jeweils der Gastgeber auf seine<br />
Leistung. Das Essen dauerte lange und war ähnlich<br />
umfangreich und vielgestaltig wie das Abendessen in<br />
Agros.<br />
Nach dem Essen sah ich auf dem Busparkplatz zu, wie<br />
unser Kraftfahrer eine Kaktusfeige aufschnitt, uns ihr<br />
Inneres zeigte und demonstrierte, wie man sie roh isst. Phini- Ausflugslokal am Bach<br />
Er packte die stachlige Frucht, nahm dazu sein Taschentuch, um sich nicht die feinen Nadeln in<br />
die Haut zu stechen, entfernte vorsichtig mit dem Taschenmesser die Haut und legte das gelbe,<br />
reife, süße Fruchtfleisch frei, das er dann vor unseren Augen genüsslich aß.<br />
Wir stiegen wieder ein und bald wieder aus. Es war<br />
nicht weit bis zum Museum von Theophanis K.<br />
Pilavakis, ein inselweit bekanntes Töpferzentrum.<br />
Durch ein niedriges Tor traten wir in einen Hof, der<br />
wie aus dem vorigen Jahrhundert konserviert<br />
schien. Riesige Tongefäße lagerten unter einem<br />
niedrigen, offenen mit Weinlaub überwucherten<br />
Dach. Alte Balken stützen es. Eine Weinpresse mit<br />
hölzerner Spindel schlief ihren musealen Schlaf.<br />
Töpferei- Werkzeug lehnte an einer Lehmwand, Spatel und Holzzinken, um den Tonbrei zu<br />
bearbeiten. Uns erklärte keiner etwas, ich musste also raten. Beachtlich große Tongefäße, mehr<br />
als ein Meter im Durchmesser, standen in Reih’ und Glied. Eine steinerne Ölmühle fristete ihr<br />
Dasein im Halbdunkel. Schnell trat ich hinzu, wo Herr Pilavakis jetzt die Leute unterhielt. Er<br />
ist ein 82jähriger lustiger alter Herr, der jetzt das alte Haus und das Erbe seiner Familie pflegt<br />
und ein privates Museum daraus gemacht hat. Er hatte über 40 Jahre in England gelebt und war<br />
zurückgekommen, als seine Frau gestorben war. Nun verbringt er seinen Lebensabend in Phili<br />
und zeigt uns einige seiner einzigartigen Produkte, mit denen seine Töpferfamilie zypernweit<br />
bekannt geworden ist. Ein Plakat preist den größten Tontopf der Welt an. Er reicht Pilavakis<br />
bis an die Schulter. Dazu brauchte man eine besondere Technik des Formens und Brennens,<br />
mindestens aber große Brennöfen.<br />
Ansonsten machte er viel Spaß. Er erzählte kurze Schnurren auf<br />
Deutsch, griff sich die eine oder den anderen aus unseren Leuten<br />
heraus und demonstrierte kurz, was er meinte. Die Spitze der<br />
Belustigung erreichte Herr Pilavakis, als er uns die Sauna für<br />
Schwangere demonstrierte. Dazu musste Martina als Medium in<br />
ein großes Tongefäß steigen, in dem ein kleiner Korbstuhl zum<br />
Sitzen und – Schwitzen einlud. Schwangere Frauen sollten das<br />
Schlechte aus dem Blut schwitzen. Unter dem Gefäß wurde ein<br />
Feuer angebrannt, über die Öffnung ein Tuch gehängt. Fertig war<br />
die Sauna. Da<strong>nach</strong> wurden die Wöchnerinnen auf eine Liegestatt<br />
bugsiert, ihr Leib mit Binden umwickelt, um die gute Figur wieder<br />
herzustellen.<br />
© Rolf Bührend, Herbst/Winter 2006 Seite 81